Das Wunder der Wende

Ministerpräsident eröffnete Veranstaltungsreihe »25 Jahre Friedliche Revolution« mit einer Bestandsaufnahme

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.
Brandenburg begeht das Wendejahr 1989 mit der Veranstaltungsreihe »25 Jahre Friedliche Revolution«. Höhepunkt ist ein Festakt von Landesregierung und Landtag am 7. November in Cottbus.

Die Sicherheitsorgane der DDR setzten 1989 die Waffen nicht ein, die sie in ihren Händen hielten. Das sei »das eigentliche Wunder der Wende« gewesen, sagte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), als er am Montag in Potsdam das Programm zum Jubiläum »25 Jahre Friedliche Revolution« vorstellte. Besonnene Kräfte in der SED und im Sicherheitsapparat hätten den Verzicht auf Waffengewalt seinerzeit durchgesetzt, das wolle er deutlich sagen, fuhr Woidke fort. Dies sei in den Rückblicken seither »mitunter etwas untergegangen«. Der friedliche Verlauf des Umbruchs sei »alles andere als selbstverständlich« gewesen und habe viele positiv überrascht.

Woidke räumte ein, dass nicht jeder seither Glück gehabt habe und auch nicht jede Entwicklung seit 1990 gut gewesen sei. Rund 80 Prozent aller Ostdeutschen hätten mindestens einmal den Beruf wechseln müssen. Das zeige, wie tief der Umbruch in das persönliche Leben von Millionen eingegriffen habe und »wie schwierig es war, eine neue Orientierung zu finden«. In seiner Heimatstadt Forst in der Lausitz seien von ehemals rund 12 000 Beschäftigten in der Textilindustrie noch 300 übrig geblieben. Beim Blick auf die Gesamtsituation dürfe man »die Einzelschicksale nicht vergessen«.

Woidke protestierte gegen eine gesetzliche Benachteiligung von Ostdeutschen, die sich ein Vierteljahrhundert nach dem Anschluss der DDR an die Bundesrepublik beispielsweise noch bei der Mütterrente zeige. Danach sollen westdeutsche Mütter 28 Euro pro Monat erhalten, ostdeutsche nur 26 Euro.

Der Solidaritätsbeitrag sei bis 2019 gesichert, er sollte klug genutzt werden, unterstrich der Ministerpräsident. Auch danach führe an einem solidarischen Miteinander in Deutschland nichts vorbei. Die Bundesrepublik werde sich nur dann gut entwickeln, »wenn sie nicht in Partikularinteressen zerfällt«. Laut Woidke vernebelten die jetzt »erneut kolportierten Zahlen« zu den gewaltigen Kosten der deutsche Einheit den Blick auf das Wesentliche. »Der Aufbau Ost ist eine Gemeinschaftsaufgabe, die noch nicht vollendet ist. Hier dürfen wir nicht nachlassen. Jedes Aufkündigen von Solidarität schadet Ost und West gleichermaßen.«

Eine Alternative zur Wiedervereinigung Deutschlands hat es aus der Sicht Woidkes nicht gegeben. Ein Fortbestehen der DDR mit Reisefreiheit hätte dazu geführt, dass Professoren nach Westberlin gefahren wären, um beim Stapeln von Bananenkisten etwas Westgeld zu verdienen, sagte er. Nach dem Mauerfall habe an einem schnellen sozialen Angleich des Ostens an den Westen nichts vorbeigeführt. Immerhin sei durch den von der Regierung unter Manfred Stolpe (SPD) eingeschlagenen »Brandenburger Weg«, bei dem es um ein Miteinander aller Kräfte im Parlament gegangen sei, die übliche Spaltung in Regierung und Opposition etwas verzögert worden.

Der Ministerpräsident machte darauf aufmerksam, dass 2013 erstmals nach der Wende in Brandenburg die Arbeitslosigkeit konstant unter zehn Prozent gelegen habe. Das 25. Jahr seit dem demokratischen Umbruch in der DDR ist ein Wahljahr - laut Woidke auch Anlass, das Wahlrecht als »einen Wert, den es zu schützen gilt«, Jugendlichen und Heranwachsenden begreiflich zu machen.

Zur Vielzahl der Angebote im Jubiläumsjahr gehört laut Woidke auch eine Ehrung des vor einem Jahr verstorbenen PDS- und LINKE-Politikers Lothar Bisky. Mit der Übernahme des Rektorenpostens an der Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam durch Bisky 1986 habe ein »Klimawechsel« stattgefunden, in dessen Zuge die Studenten ermutigt worden seien, die Verhältnisse in der DDR schonungslos zu beleuchten. Bisky habe sie »gegen Kritik von oben verteidigt«.

Der Ministerpräsident startete am Montag die Veranstaltungsreihe »25 Jahre friedliche Revolution« offiziell. Zugleich gab er die Website www.brandenburg1989.de frei. Das Themenjubiläum wird unter dem Fontane-Motto »Am Muthe hängt der Erfolg« stehen.

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