Zabel und Boonen verlieren den Überblick

Nach dem Ausschluss der Favoriten rücken die Sprinter ins Rampenlicht der diesjährigen Tour

  • Tom Mustroph, Caen
  • Lesedauer: ca. 1.5 Min.
Diese Tour ist verrückt. Nicht nur sind die Fahrer ausgeschieden, die von den Titelseiten aller Broschüren und Tour-Magazine den Betrachter anlächeln und ihn auf die große Frankreich-Rundfahrt einstimmen wollen. Nein, der Rückzug der Favoriten für das Gesamtklassement hat auch Auswirkungen auf die Teildisziplin Sprint. Keine Mannschaft scheint nun in der Lage, das Feld zusammenzuhalten. Immer wieder springen auf den letzten Kilometern einzelne Renner weg. Und im Zielsprint selbst versucht sich jetzt nicht nur die Handvoll der Spezialisten. Jeder, der über einige schnelle Muskelfasern verfügt und sich gut in Schuss fühlt, wirft sich ins Gewühl. In breiter Front stürzen die Männer dem Zielstrich entgegen. Keiner scheint mehr über jenes Quentchen mehr Schnelligkeit zu verfügen, das ihm einen beruhigenden Vorsprung verschafft. Kein Tom Boonen düpiert die Konkurrenz. Der Weltmeister aus Belgien beklagt denn auch die Enge: »Ich kann mich nicht entfalten. Zu viele Fahrer, zu viele Mannschaften drängen sich dort vorn herum.« Auch Altmeister Erik Zabel verliert den Überblick. Mal eröffnet er zu früh den Sprint, mal kann er sich gar nicht in die erste Reihe bugsieren. Und dann wieder streikt das Material. Nur Robbie McEwen setzt sich durch. Zweimal Erster, einmal Zweiter war er bislang. Die Waffe des Australiers: ein kurzer, aber explosiver Antritt. »Ich habe nicht die Kraft für einen langen Spurt«, schätzt er sich selbst ein. »Jemand wie Tom Boonen ist mir da überlegen. Doch für einen kurzen Augenblick erreiche ich die höchste Geschwindigkeit von allen.« Mit diesem Pfund wuchert der Fahrer des Davitamon-Rennstalls. Er beherrscht die hohe Kunst, es genau zum rechten Zeitpunkt in die Waagschale zu werfen. Die große Unübersichtlichkeit mag ihm da noch entgegenkommen. Er kann sich voll und ganz auf seinen Instinkt verlassen und muss keinen Zug dirigieren. »Alle behaupten immer, ich will keinen Zug! Das stimmt gar nicht. Ich würde mich freuen, wenn eine Mannschaft für mich den Spurt lanciert«, erklärt er, bevor er jedoch einschränkt: »Alle sind gewohnt, dass ich mich allein durchsetze. Und weil es so gut klappt, denken alle, ich brauche keine Unterstützung. Deshalb bekomme ich auch keine.« Manch...

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