Zinedine Zidane vor der Unsterblichkeit

Frankreich und Italien spielen am Sonntag um den 18. WM-Titel

  • Matthias Koch, Berlin
  • Lesedauer: ca. 3.0 Min.
Paris im Jahr 2026. Zinedine Zidane streichelt seinem Enkel über den Kopf. Der kleine Junge will von Opa »Zizou« (weiße Katze) wissen, wie es damals bei der WM 2006 in Deutschland war. Zinedine Zidane lächelt zufrieden vor sich hin, fährt sich über die Vollglatze und beginnt zu erzählen. »Damals ist Frankreich zum zweiten Mal Weltmeister geworden. Am 9. Juli 2006 in Berlin haben wir gegen Italien das Endspiel gewonnen. Es war mein allerletztes Spiel. Es hätte keinen besseren Zeitpunkt geben können, meine Karriere zu beenden.«
Die Wahrscheinlichkeit, dass sich diese Geschichte irgendwann so oder ähnlich abspielen könnte, ist relativ groß. Zidane, Sohn algerischer Einwanderer, ist mit einer ehemaligen Tänzerin verheiratet und hat mit ihr vier Söhne: Enzo, Luca, Theo und Elyaz. Enkelkinder dürften also irgendwann nicht ausgeschlossen sein. Und Zidanes Chancen auf den WM-Titel 2006 im Match gegen Italien liegen mindestens bei 50 Prozent.
Sollten die »Blauen« nach 1998 zum zweiten Mal zum Champion aufsteigen, würde sich Zidane in seinem 108. Länderspiel für die Franzosen unsterblich machen. Denn nach einer durchwachsenen Saison bei Real Madrid hat der 34-Jährige, der 2004 seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft angekündigt hatte, aber im vorigen Jahr doch wieder zurückkehrte, alle Kritiker eines Besseren belehrt.
In der Vorrunde musste Frankreichs Team den Star, der beim entscheidenden Sieg gegen Togo gesperrt war, zwar noch mit durchschleppen. Doch in den K.o.-Spielen avancierte der Stratege zum Matchwinner.
Im Achtelfinale gegen Spanien legte der pressescheue Mittelfeldspieler ein Tor vor und besorgte den 3:1-Endstand selbst. Beim 1:0-Erfolg gegen Brasilien im Viertelfinale degradierte Zidane die Weltstars vom Zuckerhut zu Statisten. Im Halbfinale gegen Portugal reichte sein Elfmetertor zum Einzug ins Endspiel von Berlin.
Bei einem Finalsieg über die Italiener würden auch Torhüter Fabien Barthez und Mittelfeldspieler Lilian Thuram ihren WM-Triumph von 1998 über Brasilien (3:0) wiederholen. »Im November 2005 habe ich gespürt, dass das Team einen guten Charakter hat, anders als noch 2002 und 2004. Da mangelte es an Disziplin«, begründet der wie Zidane zwischenzeitlich aus der Nationalelf zurückgetretene Abwehrchef Thuram den Aufschwung seiner Elf.
Gegen die Italiener haben die Franzosen bei Weltmeisterschaften bislang vier Mal gespielt. 1938 und 1978 siegte die »Squadra Azzurra«. 1986 behielt Frankreich im Achtelfinale mit 2:0 die Oberhand. Auch auf dem Weg zum WM-Titel 1998 wurde Italien nach 120 torlosen Minuten im Elfmeterschießen eleminiert - damals im Viertelfinale.
Das wichtigste Duell zwischen den beiden großen Fußball-Nationen gab es bei der EM 2000 in Belgien und den Niederlanden. Im Finale machte David Trezeguet die »Equipe Tricolore« per »Golden Goal« in der 103. Minute zum Titelgewinner. Danach konnten sowohl Frankreich als auch Italien bei der WM 2002 und EM 2004 nichts reißen. Nun treffen sie erstmals gemeinsam in einem WM-Finale aufeinander - und alles soll anders werden.
Der dreifache Weltmeister Italien steht bereits zum sechsten Mal in einem WM-Endspiel. Zuletzt unterlag man 1994 in den USA gegen Brasilien im Elfmeterschießen.
Möglicherweise schaffte Italien den Sprung vom Geheimfavoriten zum Finalisten aus Trotz gegenüber dem Manipulationsskandal, der seit Monaten den italienischen Fußball erschüttert. Abgeschirmt vom heimischen Trubel und den Medien entwickelten die Italiener jedenfalls ein tolles Gemeinschaftsgefühl.
Großen Anteil an der bärenstarken Defensivleistung besitzt Kapitän und Abwehrchef Fabio Cannavaro, der am Sonntag im Berliner Olympiastadion sein 100. Länderspiel bestreiten wird. Cannavaro hat mit Frankreich noch zwei Rechnungen offen. »Das Aus im WM-Viertelfinale 1998 schmerzt noch mehr als die Niederlage im EM-Finale 2000«, sagt er und brennt auf Revanche.

TV-Tipp
Sonntag
ARD: 18.00 - 20.00 Uhr: WM-Studio. 20.00 - 22.45 Uhr: Finale: Italien - Frankreich. 22.45 - 23.15 Uhr: WM-Studio.
RTL: 12 Uhr: Abschied de...

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