Kiew sieht Probleme: Faire Wahlen nicht überall

EU und Kiew unterzeichnen Vertrag über weitere Geldleistungen: 355 Millionen Euro / Moskau fordert Unabhängigkeitskräfte zu Kooperation mit OSZE auf

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Berlin. Angesichts der Lage in der Ostukraine hat der Kiewer Übergangsregierungschef Arseni Jazenjuk Probleme eingeräumt, im ganzen Land Präsidentschaftswahlen zu organisieren. »Wir tun unser Bestes, um freie und faire Präsidentschaftswahlen abzuhalten«, sagte Jazenjuk nach einem Treffen der ukrainischen Regierung mit der EU-Kommission am Dienstag in Brüssel. Die Regierung in Kiew gehe davon aus, dass sie die Lage in der Ostukraine vor der Abstimmung am 25. Mai stabilisieren könne, sagte Jazenjuk. »Wir räumen aber ein, dass es einige Hotspots geben wird, wo es kompliziert sein wird, freie und faire Wahlen abzuhalten.« Die zentrale Wahlkommission tue alles, damit alle Wähler ihre Stimme abgeben könnten und es einen legitimen Präsidenten gebe. »Die Europäische Union erwartet, dass diese Wahlen frei und fair nach internationalen Standards sein müssen«, sagte EU-Kommissionschef José Manuel Barroso. »Sie sind von entscheidender Bedeutung für die Zukunft der Ukraine und die Zukunft der Stabilität in diesem Teil Europas.«

Barroso und Jazenjuk unterzeichneten einen Vertrag zur Unterstützung der staatlichen Strukturen in der Ukraine. Darin ist eine finanzielle Hilfe der EU in Höhe von 355 Millionen Euro für die Umsetzung von Reformen vorgesehen. Weitere zehn Millionen Euro sollen Barroso zufolge in die Stärkung der Zivilgesellschaft in der Ukraine fließen.

Im Streit mit Moskau um russische Gaslieferungen sagte Jazenjuk eine Begleichung offener Rechnungen zu, wenn Russland den Preis auf Marktniveau senke. Andernfalls werde die Ukraine eine Klage vor einem internationalen Schiedsgericht anstrengen. »Das ist die letzte Aufforderung an Russland, sich an den Verhandlungstisch zu setzen und eine Lösung zu finden«, drohte der ukrainische Übergangsregierungschef. Die von der Pleite bedrohte Ukraine erhielt jahrelang verbilligtes Gas aus dem Nachbarland. Nach dem Sturz des prorussischen Präsidenten Viktor Janukowitsch im Februar hat Moskau die Rabatte aber gestrichen und verlangt nun den vollen Preis. Kiew muss für russisches Gas inzwischen europaweit einen der höchsten Preise zahlen, was die Übergangsregierung bislang verweigert. Der russischen Energiekonzern Gazprom droht damit, seine Gaslieferungen einzustellen.

Jazenjuk erklärte, dass seine Regierung einen nationalen Dialog über die Zukunft des Landes in Form eines Runden Tisches abhalten wolle und begrüßte die Unterstützung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). »Das muss aber ein von der Ukraine geführter Prozess sein.« Die für mehr Unabhängigkeit eintretenden Kräfte in den russisch geprägten Regionen Donezk und Lugansk wurden allerdings nicht eingeladen. Russland kritisierte, der »Unwille« der Machthaber in Kiew zu direkten Gesprächen mit ihren Gegnern sei ein ernsthaftes Hindernis. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) warb derweil in Kiew weiter für einen »nationalen Dialog«.

Die russische Regierung hat derweil die Kräfte im Osten der Ukraine zur Zusammenarbeit mit der OSZE aufgefordert. Sollte Kiew gemäß dem OSZE-Fahrplan seine Truppen aus den Krisenregionen zurückziehen, erwarte Moskau »von den Anführern der Selbstverteidigungskräfte, angemessen zu reagieren«, erklärte das russische Außenministerium am Dienstag vor den geplanten OSZE-Vermittlungsgesprächen am runden Tisch. Es sei »äußerst wichtig«, den Fahrplan zur Beilegung der Krise rasch in die Tat umzusetzen.

Am Dienstag wurde zudem bekannt, dass im Osten der Ukraine bei einem Gefecht mit als prorussisch bezeichnete Kräften sechs Soldaten getötet und mehrere Militärangehörige verletzt worden seien. Das teilte das Verteidigungsministerium in der ukrainischen Hauptstadt mit. Den Angaben zufolge hätten mehr als 30 Aufständische den Konvoi angegriffen, hieß es in Kiew. Agenturen/nd

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