Kein Interesse am Konsens
Politikwissenschaftler Daniel Kübler zur Zunahme von Referenden in der Schweiz
Daniel Kübler (Jg. 1969) ist Professor für Politikwissenschaft an der Universität Zürich und Direktor des Zentrums für Demokratie Aarau (ZDA). Er hat Politikwissenschaft in Lausanne studiert und wurde dort auch promoviert. Über die Bedeutung von Volksabstimmungen in der Schweiz und in Europa sprach mit ihm für »nd« Steffen Klatt.
nd: Ist der politische Geist in der Schweiz in jüngster Zeit konfrontativer geworden?
Kübler: Auf jeden Fall. Die Polarisierung hat zugenommen. Die Konsensdemokratie hat gelitten. Die Strukturen, die zur Aushandlung von großen Mehrheiten führen, sind eindeutig beschädigt. Sie sind offensichtlich nicht mehr in der Lage, die verschiedenen Strömungen im Stimmvolk aufzunehmen und zu kanalisieren. Eine Folge davon ist die Zunahme der Volksinitiativen. Und auch der politische Stil ist konfrontativer geworden.
Ist das eine Gefährdung der direkten Demokratie?
Nein. Wieso?
Weil der Konsens und die direkte Demokratie bisher aufeinander abgestimmt waren.
Umgekehrt: Die direkte Demokratie hat den Konsens hervorgebracht.
Warum schafft die direkte Demokratie das jetzt nicht mehr?
In der gegenwärtigen Situation sind die politischen Kräfte nicht an einem Konsens interessiert. Gerade die Polparteien können mit Polarisierung...
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