Erst fragen, dann bauen
Genossenschaft schlägt neuen Weg zur Gestaltung des Tempelhofer Feldes vor
Es klingt ein wenig nach drittem Weg, was die Entwicklungsgenossenschaft Tempelhofer Feld für den Ostteil des Feldes an der Oderstraße in Neukölln vorschlägt. Der Senat will hier etwa 1900 Wohnungen errichten. Für die Genossenschaft, die sich immerhin auf Initiative des Senats aus Architekten, Stadtsoziologen, Quartiersmanagern gebildet hat, ist das der falsche Ansatz. »Wir wollen erst einmal fragen, wie und was gebaut werden soll«, sagt Vorstand Thomas Bestgen.
Die derzeitigen Nutzer des Feldes, die Nachbarn aus den angrenzenden Wohnquartieren und auch die politisch Verantwortlichen sollen eingebunden werden. »Wir haben die Fragen, ihr die Antworten«, lautet das Motto, unter dem ein anderer Umgang bei der Entwicklung des Feldes möglich werden soll. Die Beteiligungsveranstaltungen des Senats seien nicht so gut gelaufen, findet Vorstand Susanne Walz. Man wisse nicht, wo die Ergebnisse nachzulesen sind und nicht alle hätten die Chance gehabt, sich einzubringen. Der bevorstehende Volksentscheid zeige, dass kein Vertrauen in die Ziele des Senats bestehe.
Das soll mit Hilfe der Genossenschaft besser werden. Sie will nicht selbst bauen, sondern versteht sich als Moderator des Prozesses. Gestern stellte sie eine Studie vor, wie das funktionieren kann. Jetzt sei man in der Phase, die Akteure ins Boot zu holen. »Die späteren Nutzer gestalten den gesamten Prozess«, erklärte Christian Schöningh. Ob am Ende 300 oder 3000 Wohnungen entstehen sollen oder gar keine, wisse man nicht. Aber falls es doch Wohnungen werden, hat der Architekt bereits ausgerechnet, wie sie bezahlbar gestaltet werden können. Die Grundstücke sollen in Landesbesitz bleiben und in Erbbaupacht vergeben werden. Die Flächen seien zu wertvoll, um sie wie bisher den üblichen Investoren zu überlassen. Schöningh schweben stattdessen Genossenschaften oder Baugruppen vor. Zum Zuge kommen sollen nur jene, die günstiges Wohnen anbieten, von dem man mehr schaffen will, als der Senat bisher plant. Und die Sozialbindungen sollen nicht nur 15 oder 20 Jahre, sondern während der gesamten 99-jährigen Erbpacht gelten. »Wenn es im Schillerkiez oder den anderen angrenzenden Altbauquartieren keine bezahlbaren Wohnungen mehr gibt, dann ziehen die Menschen eben zu uns«, so Schöningh.
Das Geschäft soll sich auch für das Land rechnen. Statt nach den Entwicklungsmaßnahmen und dem Verkauf des Grundstücks mit leeren Händen dazustehen, würde nach 30 Jahren der Erbbauzins auf den dann höheren Verkehrswert zum Teil ans Land gehen, der Rest in einen Stadteilfonds.
Was aber, wenn am 25. Mai die Bebauungspläne erst einmal abgewählt werden? »Dann entwickeln wir das Gebiet mit einer anderen Perspektive. Auf alle Fälle haben wird dann mehr Zeit dafür«, sagt Bestgen.
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