Berichte über Abriegelung von Soma

Türkische Polizei tritt nach / Wasserwerfer und Tränengas gegen regierungskritische Proteste in Istanbul / Rufe nach Rücktritt von Erdogan verstummen nicht / Berichte über Festnahme von Opferanwälten

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Die türkische Polizei hat Berichten zufolge die Bergarbeiterstadt Soma abgeriegelt, um weitere Proteste gegen die Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan zu verhindern. Wie es unter Berufung auf Korrespondenten heißt, patrouillieren hunderte Polizisten in den Straßen und kontrollieren die Zufahrtswege. Es soll zudem zahlreiche Festnahmen gegeben haben. Auch in Istanbul ging die Polizei erneut gewaltsam gegen Demonstranten vor, die nach der Bergwerkskatastrophe in Soma gegen die Regierung protestieren wollten. Die Sicherheitskräfte setzten in Istanbul auf der zentralen Einkaufsmeile Istiklal Caddesi Wasserwerfer und Tränengas ein, wie dpa-Reporter berichteten. Hunderte Demonstranten forderten in Sprechchören den Rücktritt von Erdogan. Bei dem verheerenden Grubenunglück waren mehr als 300 Menschen ums Leben gekommen. Am Samstag hatte die Regierung das Ende der Bergungsarbeiten verkündet.

Das weltweit schwerste Grubenunglück seit fast 40 Jahren hat wütende Proteste gegen die Regierung ausgelöst, der Kritiker eine Mitschuld an der Katastrophe geben. Ihr wird unter anderem vorgeworfen, schärfere Sicherheitskontrollen verhindert zu haben. Der Ministerpräsident hatte unter anderem die schlechte Sicherheitsbilanz der Kohlebergwerke in der Türkei heruntergespielt und gesagt: »Solche Unfälle passieren ständig.« Auch wird ein Zusammenhang zwischen der Privatisierungspolitik und den Gefährdungen der Arbeiter hergestellt. Auch in Istanbul und Izmir war es zu Zusammenstößen gekommen. Schon am Freitag war die Polizei in Soma selber mit Wasserwerfern und Tränengas gegen Demonstranten vorgegangen.

Für zusätzliche Empörung hatten Vorwürfe gesorgt, Ministerpräsident Erdogan habe bei einem Besuch in Soma am Mittwoch einen Mann geohrfeigt, der ihn ausgebuht habe. Erdogan-Berater Yusuf Yerkel hatte bei dem Besuch auf einen am Boden liegenden Demonstranten eingetreten.

Derweil wurde bekannt, dass am Samstag 15 Anwälte, die Angehörigen der Opfer helfen wollten, von der Polizei ohne Angabe von Gründen festgenommen und in eine Sporthalle gesperrt wurden. Im türkischen Fernsehen seien Bilder der Juristen in Handschellen zu sehen, heißt es in Berichten. Auch sollen die Festgenommenen geschlagen und gefesselt worden sein. Agenturen/nd

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.