Erdogans Polizei schürt Wut
Neue Proteste gegen türkischen Regierungschef - Bergarbeiterstadt Soma abgeriegelt
Berlin. Sie trauern, und sie bleiben wütend: In der Türkei haben die Proteste gegen Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan auch am Wochenende angehalten. Die Regierung ließ in Istanbul und Izmir Polizei und Wasserwerfer auffahren, Gummigeschosse und Tränengas wurden eingesetzt. Die Bergarbeiterstadt Soma wurde sogar abgeriegelt, um weitere Demonstrationen zu verhindern. Dutzende Menschen wurden verhaftet, darunter Anwälte, die den Familien der Opfer des weltweit schwersten Grubenunglücks seit 40 Jahren helfen wollten.
Die Bergungsarbeiten waren bereits am Samstag für beendet erklärt worden. Die Zahl der Toten der Bergwerkskatastrophe stieg auf 301 an. Medien berichteten, es seien im Zuge der Ermittlungen zu dem Grubenunglück Führungskräfte der Betreibergesellschaft Soma Holding festgenommen worden. Die türkische Regierung wies weiter jede Verantwortung von sich. Inzwischen sorgt fast mehr noch als die politischen und ökonomischen Umstände, die den Tod so vieler Bergarbeiter begünstigt haben, die Arroganz der Regierenden für Empörung. Nicht nur in der Türkei.
Immer mehr deutsche Politiker wandten sich gegen einen Auftritt von Erdogan in der kommenden Woche in Köln. Angesichts des Gebarens der Regierung in Ankara nannte es die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz von der SPD, »misslich«, dass der türkische Regierungschef kurz vor der Europawahl in Deutschland eine große Veranstaltung abhalten wolle. Die Linkenpolitikerin Sevim Dagdelen sagte, Erdogan sei »nicht willkommen«, der Grünenpolitiker Jürgen Trittin erklärte, dieser habe »jedes Gefühl für die Realität verloren«. nd Seite 7
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