Bibo auf Pressekonferenz in CDU-Bundeszentrale

Blockupy markiert die Unionspartei als Krisenakteur

  • Lesedauer: 4 Min.
BLOGupy Kommunikationsguerilla – Bibo auf Pressekonferenz in CDU-Bundeszentrale

Die CDU hat einen Vogel. Einen großen, gelben Vogel. Vielen ist er schon auf CDU-Wahlplakaten aufgefallen: »Keine Inhalte. Bibo wählen. CDU«. Bibo ist beliebt bei alt und jung. Wenn er irgendwo auftaucht, bildet sich sofort ein Menschenpulk. Alle wollen ihm nahe sein – der bislang komatös wirkenden CDU ist damit tatsächlich ein großer Coup zur Europawahl gelungen.

Am Mittwochnachmittag hatte der Vogel in Berlin einen seiner bislang größten Auftritte. Die Bundeszentrale der CDU hatte ihn ins Konrad-Adenauer-Haus eingeladen. Umjubelt von Anhängern kam Bibo ins Foyer der Parteizentrale. Dort war man auf das Ereignis gut vorbereitet: Gelbes Konfetti und gelbe Luftschlangen flogen aus der Luft in das sonnendurchflutete Foyer. Nachdem die euphorischen Rufe verklungen waren, sprach der Ehrengast zur Lage der Nation.

Vor der versammelten Presse hat der Vogel seine Zukunftsvision entworfen, die sich in wenigen Worten zusammenfassen lässt: Europa müsse mehr Chancen für Reiche bieten, Europa brauche mehr Freiheiten – für das Kapital. Die richtigen Schritte seien mehr Sozialabbau, mehr Privatisierung, mehr Überwachung, mehr Militarisierung und mehr Entdemokratisierung.

Immer wieder kam es zu zustimmenden Zwischenrufen und frenetischem Applaus. Sogar die Beschäftigten des Konrad-Adenauer-Hauses wurden von Bibos Worten mitgerissen. Sie reihten sich in den Jubel ein und versuchten ebenfalls Bibo nahe zu sein oder ein persönliches Wort mit ihm zu wechseln.

Unter die jubelnden Massen hatten sich offensichtlich auch Anhänger der kapitalismuskritischen Blockupy-Bewegung gemischt. Sie verkleisterten die Pressewand mit Aufklebern »Krisenakteur«, um den Ort kenntlich zu machen, an dem Austerität und Armut für die Bevölkerung Europas geplant und gleichzeitig chauvinistischer Nationalismus befördert wird.

Nach Beendigung der Rede und kurzem Plausch mit den Anwesenden musste Bibo schon weiter. Sein Flieger wartete, um ihn zügig zu seinem nächsten Auftritt zu bringen. Sein Zeitplan ist eng. Aber er hat versprochen, wiederzukommen.

Update: Ein Mitarbeiter hat uns Bibos Redemanuskript zugespielt, das wir nachfolgend dokumentieren.

Redemanuskript, Mittwoch, 21. Mai 2014, Berlin

- es gilt das gesprochene Wort -

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

Deutschland geht es gut. Wir sind als Krisengewinner und Exportweltmeister aus der Krise gegangen. Wir haben bewiesen: C steht für Zukunft!

Dazu beigetragen haben auch die einfachen Bürger, die den Gürtel ein bisschen enger geschnallt haben und mit deutscher Bescheidenheit dazu beigetragen haben, dass die Reallöhne in Deutschland seit 2000 gesunken sind. Denn die richtige Devise ist: Mehr Stress und weniger Geld!

Dank der Niedriglöhne konnten wir Exportweltmeister werden. Das ist das Erfolgsmodell der Agenda 2010. Wachsende soziale Ungleichheit muss da nun mal sein.

Mit diesem Modell haben wir die Zukunft Europas beschrieben. Wenn wir uns in Europa umschauen, zum Beispiel in Griechenland, sehen wir diese Zukunft schon heute am güldenen Horizont.

Denn seitdem die griechische Politik den Vorgaben aus Frankfurt, Brüssel und Berlin zu folgen hat sind die Löhne um über 35 Prozent gesunken, die Jugendarbeitslosigkeit ist gar auf 60 Prozent gestiegen. Die Rechte der Beschäftigten werden zusammen gestrichen, die Armut steigt. Viele arbeiten Vollzeit für 300-400 Euro oder haben dabei seit Monaten keinen Lohn erhalten. Das klingt hart, aber ich weiß die Aufopferung der griechischen Bevölkerung wirklich zu würdigen. Und in Italien, Spanien oder Slowenien sieht die Situation auch nicht anders aus.

Die Rendite der Vermögenden haben wir gesichert, und somit die Basis unseres Wirtschaftssystems erhalten und die Schaffung von Arbeitsplätzen in Zukunft gesichert.

Europas Arbeitnehmer müssen auch in Zukunft Abstriche in Kauf nehmen. Denn wir werden alle älter, der demographische Wandel ist mehr als nur ein Schreckgespenst das in großen Buchstaben an die Wand gemalt wird um weitere Liberalisierung zu legitimieren.

Die Rente mit 70 war erst der Anfang. In Zukunft müssen wir uns auf die 80 einstellen!
Denn es geht um etwas ganz großes: Europa muss seine Stellung in der Welt verteidigen!
Wir können uns nicht vom Russen kleinmachen lassen!
Deswegen müssen wir auch militärisch mehr Präsenz in der Welt zeigen.

Deswegen: Wählt die Zukunft am 25. Mai, wählt das C für Zukunft! Wählt mich, Bibo!

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -