SS-Siggi wollte Rathaus erstürmen
Neuer Dortmunder Ratsherr kam mit Hooligan-Freunden
Dauerhaft werden sie ihm den Zugang zum Dortmunder Rathaus nicht verwehren können. Denn er ist jetzt Ratsherr: Siegfried Borchardt, bekannt unter dem Kampfnamen »SS-Siggi«, dutzendfach vorbestrafter Gewaltnazi, BVB-Hooligan mit Stadionverbot, Kultfigur der braunen Kameradschaftsszene, wo der Teilzeitveteran trotz Alkoholproblemen umjubelt zu werden pflegt. 2101 Dortmunder wählten am Sonntag Borchardts rechts von der NPD stehende Partei »Die Rechte« in den Rat ihrer Stadt. Davon profitiert der 60-jährige Spitzenkandidat.
Noch am Wahlabend kam es zu Randale, als Borchardt nebst zwei Dutzend Kameraden Einlass zur Wahlparty begehrte; mehrheitlich waren sie in den Farben von Borussia Dortmund gewandet, jenem Fußballverein, der sich intensiv von solchen »Fans« distanziert und Borchardt im Wahlkampf den Slogan »Von der Südtribüne ins Rathaus« gerichtlich untersagen ließ.
»Zehn Verletzte bei Neonazi-Sturm auf Dortmunder Rathaus«, titelte die Lokalpresse am Montag. Die Polizei ermittelt gegen 28 Beschuldigte, davon 22 Rechte, unter ihnen auch »SS-Siggi« Borchardt und Dennis Giemsch (Listenplatz 2). Die Vorwürfe reichen von Beleidigung über Volksverhetzung bis Körperverletzung. Laut Stefan Michaelis, Sprecher des Aktions-Bündnisses BlockaDo, hatten die Nazis versucht, »in SA-Manier das Rathaus zu stürmen«. Doch hätten sich ihnen »Mitglieder der verschiedensten Parteien und autonome AntifaschistInnen« erfolgreich in den Weg gestellt. Des neuen Ratsherrn Freunde sprühten den Berichten zufolge Pfefferspray und warfen Flaschen. Kritik kam an der Staatsmacht auf: Obwohl die Naziaktion angekündigt war, sei die Polizei allzu spät und dann allzu schwach gekommen.
Wenn sich am 18. Juni der Stadtrat konstituiert, ist mit antifaschistischen Protesten zu rechnen. »Es ist wichtig, zumindest symbolisch zu zeigen, dass wir mit dem Einzug Siegfried Borchardts in den Rat unzufrieden sind. Dafür ist die erste Ratssitzung natürlich ideal«, sagt BlockaDo-Sprecher Michaelis, der auch die Ratsleute zu Protesten aufruft.
Dem Dortmunder Kommunalparlament werden künftig auch NPD und AfD angehören. Auch in den anderen großen Ruhrgebietsstädten zogen Ultra-Rechte in die Stadträte ein, in Duisburg, wo seit Langem Konflikte um Armutszuwanderer aus Südosteuropa toben, vier »Pro«-Bewegungs-Populisten und ein NPD-Nazi.
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