Im Süden Europas legte die Linke zu

Leichter Zuwachs für die Konföderale Fraktion im EU-Parlament

  • Anke Stefan (Athen) und 
Ralf Streck (San Sebastian)
  • Lesedauer: 3 Min.
Zumindest Alexis Tsipras, der Spitzenkandidat der Europäischen Linken, kann jubeln: EU-Kommissionspräsident wird er nicht, aber seine Partei SYRIZA ist in Griechenland die stärkste.

Dem Bündnis der radikalen Linken (SYRIZA) ist bei den Wahlen zum Europäischen Parlament ein klarer Erfolg gelungen. Mit fast 1,5 Millionen der insgesamt 5,7 Millionen in Griechenland abgegebenen Stimmen kam SYRIZA auf 26,6 Prozent, etwa gleichviel wie bei den nationalen Parlamentswahlen im Juni 2012.

Die konservative Regierungspartei Nea Dimokratia (ND) rutschte dagegen von knapp 30 auf 22,7 Prozent ab, ihre sozialdemokratische Koalitionspartnerin PASOK im Bunde mit diversen Kleinstparteien schrumpfte von 12,3 auf gut 8 Prozent zusammen.

SYRIZA stellt damit statt bisher drei künftig sechs der 21 griechischen Abgeordneten im EU-Parlament. »Historischer Sieg der Linken«, titelte die Parteizeitung »Avgi« am Montag. Und Tsipras war sicher: »Morgen wird ganz Europa von SYRIZA sprechen. Schon heute feiern die Völker Europas die Niederlage der Memoranden und der Austeritätspolitik in dem Land, das von den Herrschenden Europas als Versuchskaninchen der Krise ausgesucht wurde.« Die Linke müsse »ein besseres Europa schaffen, um dem Euroskeptizismus zu begegnen«.

Der Parteivorsitzende forderte so bald wie möglich Neuwahlen auch auf nationaler Ebene, denn das Wahlergebnis habe der Regierung jegliche Legitimität genommen. Ministerpräsident Antonis Samaras pries seine Regierung jedoch als »Garantin für den stabilen und sicheren Weg des Landes« aus der Krise. Er sei durch das ganze Land gereist und wisse, »was und wie geändert werden muss und es wird sich schnell ändern«. Die Kommunistische Partei Griechenlands (KKE) kam auf gut 6 Prozent der Stimmen und entsendet zwei Abgeordnete nach Straßburg und Brüssel.

Auch Spanien ist - entgegen dem Trend - nach links gerückt. Die Vereinigte Linke (IU) verbesserte ihr Ergebnis deutlich auf über 11 Prozent und gewann sechs Mandate im EU-Parlament. Die große Überraschung war jedoch die neue antikapitalistische Partei Podemos (Wir können es), die aus der Empörten-Bewegung entstanden ist. Ihr war ein Sitz für ihren Spitzenkandidaten Pablo Iglesias vorausgesagt worden. Stattdessen errang Podemos auf Anhieb 8 Prozent der Stimmen und fünf Mandate. Iglesias nannte das Ergebnis dennoch nur »einigermaßen gut«. Immerhin habe man viele Wähler mobilisiert, die bisher nie Linke gewählt hätten. »Wir werden mit den Kameraden im Süden Europas zusammenarbeiten, um Europa zu sagen, dass wir keine Kolonie weder von Deutschland noch von der Troika sein wollen«, erklärte Iglesias. Versuche, schon vor den Wahlen ein Bündnis zwischen IU und Podemos zu schmieden, waren zwar gescheitert, doch auch IU-Spitzenkandidat Willi Meyer sprach von der Verpflichtung, »eine breite linke Strömung zu schmieden«.

Im Nachbarland Portugal hat das Bündnis aus Kommunisten und Grünen (CDU) seine Vertretung im EU-Parlament um einen auf drei Abgeordnete verstärken können, der Linksblock (BE) errang voraussichtlich ein Mandat.

Die Fraktionen im neuen Europäischen Parlament werden sich zwar erst noch formieren, doch kann die Konföderale Fraktion Vereinigte Europäische Linke/Nordische Grüne Linke (GUE/NGL) mit Zuwachs rechnen - wenn auch nicht im erhofften Maße. Statt der bisher 35 Abgeordneten wurden ihr am Montag 42 zugerechnet. In Prognosen waren ihr allerdings 53 und zeitweilig gar 67 vorausgesagt worden. Neben den sieben Abgeordneten aus Deutschland könnten unter anderem vier Mandatsträger der französischen Linksfront, drei Abgeordnete der Kommunistischen Partei Böhmens und Mährens (KSCM), drei Vertreter Irlands, je zwei von der zyprischen AKEL und aus den Niederlanden sowie je einer aus Schweden, Dänemark und Finnland dazugehören.

In den mittelosteuropäischen, ehemals sozialistischen Staaten mit Ausnahme Tschechiens blieb die radikal genannte Linke ohne Wahlerfolg. Das gilt auch für Bulgarien. Dennoch wird eine linke Bulgarin wahrscheinlich ins Europäische Parlament einziehen: Kostadinka Kuneva, eine nach Griechenland emigrierte Arbeiterin und aktive Gewerkschafterin, war im Dezember 2008 Opfer eines Säureangriffs geworden. Die brutale Attacke, begründet mit ihrer gewerkschaftlichen Arbeit, rief seinerzeit heftige Proteste hervor. Frau Kuneva kandidierte auf Platz 6 der SYRIZA-Liste.

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