Verschärfte Kontrolle des Internets
China kappt den Zugang zu Google-Diensten
Die Blockade von Google in China kam nicht völlig überraschend. Seit März verschlüsselt der Internetriese als Konsequenz aus dem NSA-Abhörskandal standardmäßig die Suchwörter, so dass Zensurbehörden oder Geheimdienste ihre liebe Not haben, politisch heikle Suchen zu sperren oder ihre Urheber zu identifizieren. So war schon befürchtet worden, dass Chinas Meinungswächter als letztes Mittel die Verbindungen zu Googles Internetadressen kappen könnten, um dem verschlüsselten Treiben ein Ende zu bereiten.
Was etwas überrascht, ist der Zeitpunkt. Die Sperre vor dem 25. Jahrestag der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung an diesem Mittwoch lenkt die Aufmerksamkeit der Welt erst recht auf den Jahrestag, den Chinas Führer am liebsten verschweigen wollen.
»Mit der völligen Blockade der Google-Adresse in diesen Tagen verhindert die Regierung, dass junge Leute nach der historischen Wahrheit suchen können«, sagt der chinesische Internetexperte Michael Anti der dpa. Auch der US-Experte Jeremy Goldkorn sieht einen Zusammenhang mit dem 4. Juni, glaubt aber, »dass dies einen Vorgeschmack auf das gibt, was noch kommt«. Nach den Enthüllungen über den US-Abhörskandal durch Edward Snowden und die Anklagen in den USA gegen chinesische Hacker mehrten sich in China Rufe nach mehr Internetkontrolle und auch Forderungen, US-Internetriesen durch chinesische Firmen zu ersetzen.
Facebook, Twitter und Youtube sind bereits gesperrt - zum Ärger der chinesischen Online-Gemeinde. Dafür haben sich in China die Weibo genannten Mikroblogs entwickelt, die zensiert werden. Seit die Hüter des Internets vor einem Jahr eine Kampagne gegen »Gerüchte« gestartet und Hunderte Blogger festgenommen haben, wichen viele auf Kurznachrichten-Apps auf Smartphones aus. Solche Instant-Messenger-Dienste wie WeChat von Tencent, der in China mehr als 800 Millionen Accounts hat, verhießen vermeintlich mehr Privatsphäre. Aber seit vergangener Woche haben die Behörden sieben der beliebtesten Dienste ins Visier genommen. Die Sperre von Google erscheint auch vor diesem Hintergrund als Teil einer breit angelegten Kampagne - und nicht als vorübergehende Maßnahme wegen des Jahrestages.
China steht mit Google ohnehin auf Kriegsfuß, seit der Internetgigant sich 2010 weigerte, seine Suchen weiter selbst zu zensieren. Damals musste Google dem Wachstumsmarkt China den Rücken kehren und nach Hongkong umziehen, da in der 1997 zurückgegebenen früheren britischen Kronkolonie weiter Meinungsfreiheit herrscht. Die vorrangige Suchmaschine in China war ohnehin immer der chinesische Konkurrent Baidu, der alles zensiert.
Bei Google wurde der Suchmaschinennutzer aus China seither automatisch nach Hongkong umgeleitet, wo er alles fand, aber am Ende die kritischen Seiten auch nicht öffnen konnte, weil sie hinter der »Großen Firewall« in China gesperrt sind. Immerhin wusste der Nutzer aber anhand der Suchergebnisse, was ihm die Zensur vorenthielt. Seit dem Wochenende ist damit aber ebenso vorbei wie mit Gmail, Google-Maps, Kalender und selbst dem Fotodienst Picasa. dpa/nd
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