Lose in der Zeit

TV vorab: Zum Todestag von Tamara Danz

  • Martin Hatzius
  • Lesedauer: 2 Min.
Sie war der Kopf, das Herz, die Stimme von Silly. Ein Weiterbestehen der Band nach ihrem Tod war undenkbar. Als Tamara Danz am 22. Juli 1996 ihre Augen für immer schloss, ging ein Leben zu Ende, das für viele Menschen Symbolcharakter hatte. Tamara, das war die starke Frau aus dem Osten, die Rock-Lady mit den prophetischen Fähigkeiten, die Individualistin, die jedem und allem trotzen zu können schien. Selbst im zähen Kampf gegen den Krebs konnten sich einige nur den Sieg vorstellen. Es kam anders. Kurz vor dem zehnten Todestag der Sängerin strahlt der RBB heute Peter Kahanes 45-minütigen Film »Asyl im Paradies - Tamara Danz« aus, ein sehr persönliches Porträt. Die Lieder, die Silly-Fans ohnehin kaum je aus dem Kopf gehen werden, kommen in kurzen Konzertausschnitten nur als Füllmaterial zum Einsatz. Im Mittelpunkt stehen Erinnerungen der beiden Männer, die Tamara Danz in den letzten fünfzehn Jahren ihres Lebens privat und beruflich am nächsten waren: Silly-Keyboarder Richie Barton und Gitarrist Uwe Haßbecker. Die Gedanken dieser beiden gelten nicht dem Symbol Tamara Danz, sie gelten der Frau, die »sehr viel weicher, unsicherer war, als sie nach außen wirkte« (Barton). Und das zeichnet diesen Film aus: Barton und Haßbecker berichten von dem Menschen hinter dem geschminkten Gesicht und der pompös auftoupierten Frisur. Barton eroberte Tamaras Herz 1980. Noch bevor sie zu Band-Kollegen wurden, waren sie ein Paar. Im Film erzählt er, wie er 1986 von Tamaras heimlicher Liebesbeziehung zu Haßbecker erfuhr, mit dem sie damals beim Allstar-Projekt Gitarreros zusammenspielte. An Bartons Erinnerungen haftet noch immer Schmerz - überlagert von Größe. Trotz aller Verletzung hat er an Danz und Haßbecker festgehalten - als Kollegen und Freunden. Fast zehn Jahre lang spielten sie zusammen bei Silly, bis es die Krankheit nicht mehr zuließ. Auf der letzten Platte »Paradies« (1996) singt Danz vom Abschied: »Meine Uhr ist eingeschlafen/ Ich hänge lose in der Zeit/ Ein Sturm hat mich hinausgetrieben/ Auf das Meer der Ewigkeit«. Gemeinsam mit Bassist Jäcki Reznicek standen Barton und Haßbecker im Herbst 2005 erstmals wieder als Silly auf der Bühne. Am 22. Juli werden sie mit Gästen ein Konzert auf der Freilichtbühne Berlin-Weißensee geben, Titel: »A Tribute to Tamara Danz«. »Asyl im Paradies - Tamara Danz«, RBB, heute, 22.30 Uhr
Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.