Nach 21 Jahren droht die Abschiebung

Kreis Northeim will Sami Meri und seine sechs Kinder in die Türkei ausweisen - Proteste

  • Reimar Paul, Northeim
  • Lesedauer: ca. 2.0 Min.

Demonstrationen sind in der südniedersächsischen Kleinstadt Northeim nicht gerade häufig. Für Mittwochnachmittag hatten Flüchtlinge und ihre Unterstützer einen Marsch durch die Innenstadt und zum Northeimer Kreishaus angekündigt. Sie wolltn sich dafür einsetzen, dass Sami Meri und seine Familie ein dauerhaftes Bleiberecht erhalten.

Denn dem 35 Jahre alten Kurden, der 1985 vor dem Bürgerkrieg im Libanon in die Bundesrepublik floh, hat der Landkreis Northeim die Abschiebung in die Türkei angedroht. Auch seine ausnahmslos in Deutschland geborenen Kinder im Alter von vier bis 14 Jahren sollen dorthin ausreisen. Nur die Ehefrau und Mutter Nova Meri darf als »Libanesin ungeklärter Staatsangehörigkeit« bleiben. Die Ausländerbehörde in Northeim wirft Sami Meri vor, er habe bei seiner Einreise vor 21 Jahren falsche Angaben über seine Herkunft gemacht und seine wahre Identität als Türke verschleiert. Der Familienvater und Freunde bestreiten dies jedoch. »Sami Meri ist im Libanon geboren und dort aufgewachsen«, sagt Volker Nüsse vom Arbeitskreis Asyl. Die Initiative hat die Proteste gegen die Abschiebung mit angestoßen. Außer Meri sind im Landkreis Northeim weitere rund 120 Flüchtlinge, die Mitte der 1980er Jahre aus dem Libanon nach Südniedersachsen gekommen waren, von der Abschiebung in die Türkei bedroht. Alle stammen nach eigenen Angaben von der arabisch sprechenden Minderheit der Mahalmi ab - Verwandte der Kurden, die früher im Südosten der Türkei lebten und vor mehreren Generationen von dort aus in den Libanon auswanderten. Diese Darstellung wird von Recherchen von Pro Asyl gestützt. Die Northeimer Behörden berufen sich jedoch auf Familienregister aus der Türkei, die eine türkische Identität der Bürgerkriegsflüchtlinge belegten. Sami Meri hat das Ausländeramt bereits eine neue Identität verordnet. »Familienname: Dogruyol, Staatsangehörigkeit: türkisch« steht seit kurzem in seinen Papieren. Auch die Kinder bekamen türkische Vor- und Nachnamen verpasst. Sami Meri und seine Familie könnten ohne weiteres als »Vorzeige-Flüchtlinge« gelten. Die Familie ist nach übereinstimmenden Angaben von Nachbarn und Bekannten sehr gut integriert. Meri betreibt in Northeim eine Imbissbude, alle Kinder gehen in den Kindergarten oder besuchen eine Schule. Unter den etwa 2000 Northeimern, die in den vergangenen Wochen mit ihrer Unterschrift ein Bleiberecht forderten, sind denn auch fast 600 Mitschüler. Die Listen mit den Unterschriften hat der Arbeitskreis Asyl Anfang dieser Woche an den Petitionsausschuss des niedersächsischen Landtags geschickt. Der Ausschuss hat mit der Mehrheit von CDU und FDP bereits einmal ein Bleiberecht für die Familie Meri abgelehnt, er wird sich vor den Parlamentsferien aber noch ein weiteres Mal mit dem Fall befassen. Unter den fast 200 Flüchtlingen, über die der Petitionsausschuss seit Beginn seines Bestehens beraten hat, sei Meri derjenige, der mit Abstand am längsten in Niedersachsen lebe, sagt die SPD-Landtagsabgeordnete Heidrun Merk. Nach dem Votum des Ausschusses muss das Landtagsplenum endgültig darüber entscheiden, ob Sami Meri und die sechs Kinder in die Türkei abge...

Wenn Sie ein Abo haben, loggen Sie sich ein:

Mit einem Digital-, Digital-Mini- oder Kombi-Abo haben Sie, neben den anderen Abo-Vorteilen, Zugriff auf alle Artikel seit 1990.

- Anzeige -
- Anzeige -