Meinungsfreiheit für Mieter
Landgericht bestätigt: Transparent darf am Balkon hängen bleiben
»Wir lassen uns nicht Luxussanieren!« wird weiter auf einem am Balkon der Familie Czaparas befestigten Plakat verkündet. Sie gewann am Donnerstag vor dem Landgericht gegen ihren Vermieter. Der Besitzer des Hauses in der Calvinstraße 21 in Moabit, die Terrial Stadtentwicklung GmbH, hatte das Transparent im Juni 2013 mit Planen zuhängen lassen und Klage gegen dessen Anbringung eingereicht. Das Amtsgericht hatte diese Klage bereits im Februar abgewiesen und die Beseitigung der Planen angeordnet.
Dem Urteil misst der Anwalt der Czaparas, Christoph Müller, eine »über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung« bei. Selten werde der Konflikt um Plakate an der Außenfassade als Rechtsstreit ausgetragen. Meistens würden diese auf Anweisung des Vermieters hin freiwillig entfernt. Das Landgericht, das Müller im Gegensatz zum Amtsgericht als vermieterfreundlich einschätzt, sei »die Endstation für alle mietrechtlichen Fragen« und andere Berliner Gerichte könnten von seinem Urteil »nicht ohne weiteres abweichen«. Zwar bestehe die Möglichkeit einer Revision, doch hierauf verzichtete die Terrial.
Seit Herbst 2011 hängt das Transparent, mit dem sich die Mieter gegen die geplante Modernisierung wehren. So wäre die Miete der Czaparas mit dem ursprüng- lichen Vorhaben der Terrial von 377 Euro auf 946 Euro erhöht worden. Doch dies scheiterte im Oktober 2013 nach fast fünf Jahren Rechtsstreit endgültig. Der daraufhin von der Terrial angekündigte neue Modernisierungsplan steht bisher aus.
Die sechs verbliebenen Mietparteien haben auch künftig mit Einschränkungen zu leben, die die Terrial mit der Modernisierung begründet. So steht weiter ein Baugerüst, das, so die Vermutung von Müller, bisher nur benutzt wurde, um die Planen abzuhängen. Bundesweite Bekanntheit erlangte Czaparas Nachbarin Helga Brandenburger, deren Küchen- und Badfenster durch einen Neubau zugemauert wurde.
Zum zahlreich erschienenen Prozesspublikum gehörten Bewohner des Seniorenheims am Hansa-Ufer 5, das ebenfalls teuer saniert werden soll. Die Betroffene Rita Leppin kritisierte das dahinterstehende Profitstreben und erklärte, warum sie da sei: »Einmal trifft es uns, ein anderes mal andere. So geht das immer weiter.«
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