Neue Männer braucht das Land

Junge Fahrer stoßen in Jan Ullrichs Lücke vor

  • Tom Mustroph, Pla-de-Beret
  • Lesedauer: ca. 2.5 Min.
Um den deutschen Radsport muss es einem nicht bange sein. Während das »Jahrhunderttalent« Jan Ullrich dem unrühmlichen Ende einer verschluderten Karriere entgegensieht, rücken junge Burschen nun als zukünftige Rundfahrtsieger ins Rampenlicht. Als Knaben haben sie am Fernseher miterlebt, wie der große Blonde 1997 seinem historischen Toursieg entgegenfuhr. Sie sind von diesem Ereignis geprägt und für den Radsport gewonnen worden. Linus Gerdemann (Jahrgang 1982), Markus Fothen (1981) und Patrik Sinkewitz (1980) verfügen über ähnliche körperliche Voraussetzungen wie Ullrich. Doch bereits in jungen Jahren zeichnen sie sich durch einen munteren Geist aus. Sie suchen ihre Chancen und nehmen ihr Schicksal mehr in die eigenen Hände, als es ihr von der KJS-Betreuung in die Rundumversorgung des Telekom-Rennstalls übergegangenes Idol aus Kindheitstagen je vermochte. Sinkewitz hat bereits vier Jahre in Italien verbracht. Er war im Nachwuchsteam des damals größten Rennstalls Mapei und hat bei dessen Nachfolger Quick Step an der Seite des alten Radsportfuchses Paolo Bettini viel gelernt. Aufhorchen ließ der Youngster 2004 mit dem Gewinn der Deutschlandtour. In diesem Frühjahr rettete er mit Platz vier bei Lüttich-Bastogne-Lüttich und zwei fünften Plätzen beim Amstel Gold Race und dem Wallonischen Pfeil die Klassikersaison für T-Mobile. Jetzt wurde er in Frankreich zum Edelhelfer der Mobilfunker. Sein erstklassiges Zeitfahren in Rennes erklärte er schlicht damit: »Wer gute Beine hat, ist auch beim Zeitfahren erfolgreich.« Nur eine knappe Minute lag der exzellente Bergfahrer danach hinter dem Tourfavoriten Floyd Landis (USA). Auf den folgenden Etappen musste er dann viel Führungsarbeit leisten, als T-Mobile zunächst das gelbe Trikot von Sergej Gontschar verteidigte und gestern für Andreas Klöden das Feld am Berg auseinanderfuhr. Neben Sinkewitz fährt auch Markus Fothen eine starke Tour. Der Gerolsteiner Profi hat bereits verkündet: »In ein paar Jahren will ich in Paris der Sieger sein.« Vorerst sieht er noch die Jahrgänge des Andreas Klöden an der Reihe. »Ich will langsam meine Qualität verbessern und mich nicht verheizen. Ich möchte noch zehn Jahre lang Rennen fahren«, meint er. Auch sein sportlicher Leiter Christian Henn achtet auf eine behutsame Entwicklung des letztjährigen Gesamt-Zwölften des Giro dItalia. Fothen ist für ihn ein Diamant. »Er ist unglaublich stark im Zeitfahren, hat einen guten Blick für die Rennsituation und weiß sich sehr geschickt im Feld zu bewegen.« Hat Fothen auch Schwächen? »Nur wenn es schnell und steil in den Berg geht. Er ist ein Rundfahrer und muss erst auf Touren kommen.« Gerdemann, der dritte im Bunde der Nach-Ullrich-Rundfahrt-Hoffnungen, ist noch nicht bei der Tour de France dabei. Auch er soll langsam aufgebaut und nicht verheizt werden. Mit einem zweiten Etappenplatz bei der Tour de Suisse in diesem Jahr und einem Etappensieg im Vorjahr hat der junge Mann, der kurze Zeit von den Trainingsplänen des Dänen Bjarne Riis profitierte, aber bereits seine Eignung nachgewiesen. Ein weiterer Fakt lässt positiv in die Zukunft blicken: Man kann zumindest hoffen, dass die drei Talente in ihrer jungen Karriere noch nicht dopen mussten und weiter davon Abstand halten. »Man kann die Fahrer nicht 24 Stunden überwachen und sich deshalb nie zu 100 Prozent sicher sein«, meint Christian Henn. Aber vielleicht ist ...

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