Der Mob von Mügeln und seine Verharmloser

Studie: Nach einer ausländerfeindlichen Hetzjagd auf Inder in Sachsen haben Politik und Polizei die Motive der rechten Täter verschleiert

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Im August 2007 waren während des Stadtfestes in Mügeln (Sachsen) acht Inder von einer größeren Gruppe Deutscher angegriffen und durchs Zentrum gehetzt worden. Die Politik spielte den Vorfall herunter.

Hamburg/Leipzig. Sieben Jahre nach einer Hetzjagd auf Inder in der sächsischen Kleinstadt Mügeln werden in einer Studie schwere Vorwürfe gegen Ermittler und Politik im Freistaat erhoben. Wie das Hamburger Nachrichtenmagazin »Der Spiegel« in der aktuellen Ausgabe berichtet, kommt die Rechtsextremismusforscherin Britta Schellenberg in ihrer Untersuchung zu dem Schluss, dass eine inzwischen unbestrittene rechtsextreme Motivation der Tat von Beginn an heruntergespielt und die Tat selbst verharmlost worden seien. Der Fall sei nie zielführend aufgeklärt und bearbeitet worden.

Schellenberg hat den Angaben zufolge die kompletten Ermittlungsakten eingesehen und Äußerungen von Kommunal- und Landespolitikern analysiert. Ihr von der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung herausgegebener Bericht soll in der kommenden Woche vorgestellt werden. Schellenberg berichtet darin nach Angaben des »Spiegel«, dass bereits in ersten Berichten und Vermerken zur Tat die Inder klar als Opfer identifiziert worden seien. Als Tatverdächtige seien »aggressive, rechtsradikale und ausländerfeindliche Personen« benannt worden. Zudem habe der Bürgermeister, der eine rechtsextreme Tatmotivation vehement bestritt, an dem Tag die Polizei gewarnt, dass ein rechter Übergriff geplant sei. Erst durch das öffentliche Verharmlosen der Tat hätten sich die Ermittlungen dann verändert.

Die Hetzjagd brachte Mügeln vor sieben Jahren weltweit in die Schlagzeilen. Am 19. August 2007 waren während des einwöchigen Stadtfestes acht Inder von einer Gruppe Deutscher angegriffen und über den Marktplatz gehetzt worden. Die Inder flüchteten vor den etwa 50 ausländerfeindliche Parolen grölenden Menschen in eine Pizzeria. Bei den Auseinandersetzungen wurden 14 Menschen verletzt.

Viele sächsische Politiker stellten die Tat danach als Auseinandersetzung zwischen zwei Gruppen dar und bestritten organisierte rechtsextreme Strukturen in der Region. Im April 2010 geriet die Stadt durch den Abbruch eines Bezirksklassespiels des Vereins Mügeln-Ablaß gegen Roter Stern Leipzig wegen antisemitischer Gesänge und rechtsradikaler Parolen erneut in den Fokus der Öffentlichkeit. epd/nd

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