Des Papst-Gnoms Auferstehung
Auf CDU-Druck wurde in Konstanz einst ein Werk des Künstlers Peter Lenk verbannt - nun kommt es zurück
Knapp vier Jahre ist es her, als der Aufsichtsrat der Tourist Information Konstanz (TIK) dafür sorgte, dass Peter Lenks Päpstlein aus dem Bahnhof der Stadt am Bodensee entfernt wurde und auf dem Wertstoffhof landete. Ganz Deutschland lachte herzlich und auch ungläubig über diese Provinzposse vom Bodensee. Nun aber zieht die beliebte Skulptur wieder in die Konstanzer Innenstadt und kann in einem Schaufenster eines Schmuckladens bewundert werden.
Der Künstler Peter Lenk hatte 2010 dem Drängen der Tourist Information nachgegeben und einen Abguss des päpstlichen Gnoms, dessen Original im Hafen friedlich auf dem Händchen von Lenks großer Imperia-Figur sitzt, in der Mobilitätszentrale des Konstanzer Bahnhofs aufgestellt. Schnell wurde die ulkige Figur zur Touristenattraktion und Besucher kamen sogar von weit her, um sie zu fotografieren und sich an ihr erfreuen.
Doch schnell meldeten sich konservative Glaubenswächter aus Stuttgarter CDU-Kreisen per Bildzeitung zu Wort und behaupteten, die papstähnliche Figur würde »religiöse Gefühle« verletzen, da sie eine gewisse Ähnlichkeit mit Papst Benedikt aufweise. Derart unter Druck geraten, entschied der Aufsichtsrat der Tourist Information mehrheitlich, die Skulptur wieder auszulagern. Auch der damalige grüne Oberbürgermeister Horst Frank plädierte dafür. Der Vorgang ging durch die Presse und auch ausländische Medien berichteten ausführlich über das hochnotpeinliche Geschehen aus dem tiefen Süden Baden-Württembergs.
Trotz massiver Proteste aus der Bürgerschaft wurde das Päpstlein klammheimlich in den Konstanzer Wertstoffhof verschleppt und in einem dunklen Container zwischengelagert. Das brachte noch 2010 den österreichischen Aktionskünstler Johan Maden auf den Plan: Und er organisierte eine Ausstellung mit Lenks Werken im steirischen Städtchen Weiz. Das Päpstlein als Hauptfigur wurde auf einem offenen Tieflader von Konstanz nach Österreich gefahren und sorgte bei Zwischenstationen in vielen Städten für wahre Volksaufläufe. Die Ausstellung im Weizer Kunstmuseum war ein großer Erfolg und das Gelächter über die »Kulturbanausen vom Bodensee« brandete erneut auf. Dann kehrte Ruhe ein und der Vorfall wurde vergessen.
Kürzlich aber kamen die Betreiber eines Schmuckladens in der meist besuchten Konstanzer Einkaufsstraße auf die Idee, dem Päpstlein einen attraktiven Platz in ihrem Schaufenster anzubieten. Peter Lenk sagte zu und ab dieser Woche begrüßt eine 1:1-Abbildung des Originals für rund drei Monate die Passanten. Auch König Sigismund, der erst nach dem Konstanzer Konzil (1414 bis 1418) zum Kaiser gekrönt wurde, wird neben dem päpstlichen Gnom sitzen. Im Inneren des Ladens werden weitere Lenk-Figuren zu sehen sein, darunter eher Personen der aktuellen Zeitgeschichte, wie etwa der grüne »Wendebauch« Joschka Fischer, wie Lenk den früheren Außenminister spöttisch bezeichnet.
Man darf gespannt sein, ob sich die Skulpturenstürmer aus dem Jahre 2010 noch einmal zusammenrotten, über verletzte religiöse Gefühle schwadronieren und sich erneut um einen Spitzenplatz in der bundesweiten Peinlichkeitstabelle bemühen. Der Schmuckhändler wird sich jedenfalls darauf einstellen müssen, dass zumindest sein Schaufenster rund um die Uhr für Aufsehen sorgt und sich Zigtausende aus nah und fern an der Scheibe die Nasen platt drücken. Aber das war wohl auch von Anfang an die Absicht des kulturellen Werbegags. Und der bietet sich auch an, denn Konstanz feiert seit April die Erinnerung an das Konstanzer Konzil, das exakt vor 600 Jahren einberufen wurde, um die Einheit der Kirche wieder herzustellen.
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