Ost-CDU stößt Tür zur AfD immer weiter auf

Mein rechter, rechter Platz ist leer: Sachsens Ministerpräsident und Brandenburgs Spitzenkandidat schließen Bündnis mit rechtspopulistischer Partei nicht aus / Kritik aus der SPD und von den Linken

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Sachsens Ministerpräsident und CDU-Landesvorsitzender Stanislaw Tillich will ein Bündnis seiner Partei mit der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland nach der Landtagswahl nicht ausschließen. Gegenüber der »Zeit« sagte er laut Vorabmeldung, »Linke und NPD schließen wir aus, alles andere wartet bis nach der Wahl«, so Tillich. In einer Koalition könne man nur mit Menschen zusammenarbeiten, die man kennt. »Ich kenne die AfD-Leute nicht.« Zuvor war Sachsens CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer noch von der dpa mit den Worten zitiert worden, »AfD, NPD und Linkspartei sind für mich Protestparteien. Mit Protest kann man kein Land regieren.«

Auch in Brandenburg hält sich der CDU-Spitzenkandidat Michael Schierack die Option AfD trotz einer anderslautenden Auffassung der Unionsspitze in Berlin bewusst offen. Ausgeschlossen ist auch für ihn ausdrücklich nur eine Koalition mit der Linkspartei und der NPD. Die Brandenburger CDU-Generalsekretärin Anja Heinrich probt derweil schon die Zusammenarbeit: Sie sitzt im Kreistag Elbe-Elster und ihre Fraktion hat den dortigen AfD-Vertreter in ihre Reihen aufgenommen.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat derweil von Schierack eine klare Aussage zur umstrittenen Alternative für Deutschland gefordert. »Die Leute in Brandenburg interessiert es schon, ob die CDU darüber nachdenkt, mit der AfD eine rechtskonservative Regierung zu bilden«, sagte Woidke am Donnerstag im Potsdamer Landtag mit Blick auf die Landtagswahl im September. Dass die CDU-Fraktion im Kreistag Elbe-Elster einen AfD-Vertreter in ihre Reihen aufgenommen habe, zeige eine Führungsschwäche an der Spitze der CDU, sagte der Regierungschef. SPD-Fraktionschef Klaus Ness warf Schierack vor, er mache die AfD für die Landtagswahl hoffähig, weil er eine Koalition nicht ausdrücklich ausschließe.

Auch seinen sächsischen Amtskollegen Tillich forderte er zu einer klareren Haltung gegenüber der AfD auf. »Man kann in Bezug auf die AfD nicht herumlavieren, man kann sich kein Eiapopeia leisten, man muss sich klar distanzieren,« so Woidke gegenüber der »Zeit«.

Auch der Fraktionschef der sächsischen Linken, Rico Gebhardt, kritisierte Tillichs Äußerungen. Dieser weiche erneut der Frage nach einer möglichen Koalition mit der AfD aus. Sein Argument, er kenne diese Leute nicht, könne man aber nicht gelten lassen, so Gebhardt mit Blick auf die Schlagzeilen um die abfälligen Bemerkungen des bisherigen stellvertretenden AfD-Landesvorsitzenden. Erst am Mittwoch war Thomas Hartung nach abwertenden Äußerungen über Menschen mit Down-Syndrom (Trisomie 21) von allen Ämtern zurückgetreten. Hartung verzichte auch auf eine Kandidatur bei der Landtagswahl in Sachsen, teilte die AfD am Mittwoch in Dresden mit. Er hatte Menschen mit Trisomie 21 öffentlich die Fähigkeit abgesprochen, den Beruf eines Lehrers ausüben zu können, und damit Empörung ausgelöst.

Gebhardt verwies auf weitere Fälle, aus denen erkennbar geworden sei, dass es sich bei der AfD nicht um eine Partei der bürgerlichen Mitte handele. Die sächsische Öffentlichkeit habe »ein berechtigtes Interesse daran zu erfahren, wann Herr Tillich seinen Informationsgewinnungsprozess über 'die AfD-Leute' abzuschließen gedenkt«, sagte der Linkenpolitiker. Er erwarte, dass der CDU-Landesvorsitzende »unmissverständlich für Klarheit sorgt und die Frage beantwortet: Wie hält es Sachsens CDU mit der AfD?«

In Thüringen hat CDU-Regierungschefin Christine Lieberknecht dagegen klargestellt: »Eine Koalition mit der AfD schließe ich aus.« CDU-Fraktionschef Mike Mohring hatte in Richtung des bisherigen Koalitionspartners SPD erklärt, er »erwarte bei einem Erfolg der AfD auch bei der Landtagswahl, dass die SPD dann aus Staatsraison auf eine Koalition mit der Linkspartei verzichtet«. nd/mit Agenturen

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