Handballer auf den Spuren der Fußballer

Längste WM im Männer-Handball findet 2007 in Deutschland statt / Die Sorgen der Organisatoren

  • Oliver Händler
  • Lesedauer: ca. 3.0 Min.
In den nächsten Jahren wird es wohl kaum möglich sein, eine Weltmeisterschaft in Deutschland nicht mit der gerade zu Ende gegangenen Fußball-WM zu vergleichen. Oder ist es doch möglich, ein wenig auf der Euphoriewelle der Fußballer mitzuschwimmen? Die Organisatoren der Handball-Weltmeisterschaft der Männer, die vom 19. Januar bis zum 4. Februar 2007 in Deutschland stattfindet und damit die längste in der Handball-Geschichte ist, stehen vor dem Dilemma: Wie können sie das Land und den »Rest der Welt« für ihre Titelkämpfe begeistern? Allerdings: Schlägt man das Begleitheft zur WM-Gruppen-Auslosung auf, lächelt einen sofort der Ex-Fußball-Bundestrainer Jürgen Klinsmann an, der im Namen seiner seiner WM-Mannschaft den deutschen Handballern Glück auf dem Weg zum Weltmeistertitel wünscht. Auch Gabi Bauer, die Moderatorin der WM-Auslosung am Freitag im Berliner Maritim-Hotel, wollte nicht um die Fußballer herumkommen, als sie sich mit Heidi Klum verglich, deren Kleid, das das deutsche Top-Model bei der Fußball-WM-Auslosung trug, ihr leider nicht passen würde. Am Ende gab es zwar aufmunternden Beifall der Funktionäre - angeführt vom Präsidenten des Handball-Weltverbandes IHF, Hassan Moustafa aus Ägypten, der einst an der DHfK in Leipzig studierte -, doch so richtiges WM-Fieber wollte 189 Tage vor WM-Beginn (noch) nicht aufkommen, zumal die Auslosung-Veranstaltung - als Show angekündigt - von technischen Pannen überschattet wurde. Am Ende waren die Organisatoren froh, dass die Auslosung nur von Al-Jazeera im arabischen Raum live übertragen wurde. Nur ein Mal kam ein bisschen Spannung auf, als sich Bundestrainer Heiner Brand seine Gruppengegner aussuchen durfte. Er entschied sich für den EM-Zehnten Polen sowie die Außenseiter Brasilien und Argentinien. Hätte Jürgen Klinsmann vor der gleichen Wahl gestanden, wäre seine Entscheidung wohl anders ausgefallen. Das Viertelfinale ist Minimalziel der deutschen Mannschaft, obwohl alle Beteiligten auf mehr hoffen. »Insgeheim rechne ich schon damit, dass die Jungs ins Finale kommen«, sagt Stefan Kretzschmar. Der Magdeburger gehört wie Christian Schwarzer, Volker Zerbe und Daniel Stephan, der als Gruppen-Pate bei der Auslosung auftrat, zur goldenen Generation, die nach dem Gewinn des EM-Titels 2004 und des zweiten Platzes bei Olympia in Athen die Nationalmannschaft verließ, um den jungen Spielern Platz zu machen. Eigentlich sollte diese WM schon 2005 in Deutschland stattfinden, doch Tunesien bekam den Zuschlag, so dass sich die deutschen Fans auf 2007 vertrösten mussten. Somit konnten sich Kretzschmar und Co. ihren Traum vom WM-Sieg im eigenen Land nicht mehr erfüllen. Bundestrainer Heiner Brand ist der einzige, der sich gegen den Eindruck wehrt, dass diese WM zur Kopie der Fußballer wird. »Ich muss Jürgen Klinsmann für seine Arbeit ein Kompliment machen«, sagt Brand, »aber die Konzentration auf Fitness und Teamgeist machen wir schon seit Jahren. Nur in der Öffentlichkeit kommt es so rüber, als wenn Klinsmann hier etwas Neues gemacht hätte.« Das Auftaktspiel wird die deutsche Mannschaft am 19. Januar gegen Brasilien in der Berliner Max-Schmeling-Halle austragen. Die Halle ist mit 10 000 Zuschauern bereits seit Monaten ausverkauft. Es wird aber das einzige Spiel in der Hauptstadt bleiben, bevor die WM unter anderen in die Handball-Hochburgen Lemgo, Kiel und Magdeburg umzieht. Die Veranstalter wollen kein Risiko eingehen und auf ihren Eintrittskarten sitzen bleiben. Daher geht die WM dorthin, wo der Handball zu Hause ist und man mit ziemlicher Sicherheit die »Hütte« voll bekommt. Die Organisatoren hoffen auf einen Vorverkauf von insgesamt 300 000 Tickets. Bislang sind 90 000 Karten abgesetzt worden. Das Finale findet in der 19 000 Zuschauer fassenden KölnArena statt, in der der VfL Gummersbach seit einigen Jahren seine Bundesliga-Heimspiele austrägt und im Schnitt mit über 15 000 Zuschauer pro Spiel ausverkauft ist. Der Deutsche Handball-Bund (DHB) ist mit über 826 000 Mitgliedern in 5700 Vereinen und mit 33 000 Mannschaften der größte Verband innerhalb des Weltverbandes IHF. Nur der DHB kann - wie bei dieser WM - 12 Hallen mit einer Kapazität von durchschnittlich über 10 000 Zuschauern füllen. Dennoch wird die Veranstaltung ein rein deutsches Ereignis bleiben. Die WM kann nur groß werden, wenn man ihr zugesteht, klein zu...

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