Zwischen Krieg und Waffenruhe
Vierseitige Krisengespräche zur Ukraine fortgesetzt / Neue Führung für die Armee
Mit gegensätzlichen Forderungen sah sich Donnerstag das ukrainische Parlament konfrontiert. Vor dem Gebäude war das aus dem Rechten Sektor hervorgegangene Bataillon »Donbass« zur Sicherung der Volksvertreter vor »Provokationen« aufgezogen. Als solche galten auch Proteste von Demonstranten, die Frieden für die Ostukraine forderten. Sie wurden abgeführt. Dabei war offiziell versichert worden, friedlich und unbewaffnet könne jeder seine Meinung äußern.
Die Kämpfer des »Donbass«, die sich schon als »Selbstverteidigungskräfte« des Maidan bewährt haben, forderten wiederholt die Verhängung des Kriegsrechtes über die Ostukraine und ihre eigene unverzügliche Entsendung gegen die Aufständischen. Aus dem Donbass wurden weitere Kampfhandlungen berichtet.
Ein schneller Waffenstillstand hingegen war Thema einer weiteren Telefonkonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident François Hollande und Russlands Staatschef Wladimir Putin. Angekündigt wurde laut dpa auch ein Gespräch zwischen der Kanzlerin, Hollande und dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko.
Am Vorabend hatten sich die Außenminister der vier Staaten bei einem Krisentreffen in Berlin auf neue Verhandlungen über einen Waffenstillstand in der Ostukraine verständigt. Spätestens am Samstag soll die Kontaktgruppe aus der Ukraine, Russland und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zu Gesprächen über eine Feuerpause zusammenkommen.
Im Parlament verkündete Präsident Poroschenko aber erst einmal die Stärkung der Armee »mit entschlossenen Kräften«. Er ließ Waleri Geletej zum neuen Verteidigungsminister und Viktor Muschenko zum Generalstabschef ernennen. Damit kam in diesem Jahr bereits der dritte Verteidigungsminister ins Amt. Der erste hatte nach der gewaltlosen Abspaltung der Krim seinen Helm nehmen müssen. Der Zwischenruf einer Abgeordneten, dass die Armee Menschen töte, wurde aus dem Saal mit »Halt den Mund!« quittiert. Beleidigungen der Streitkräfte würden nicht zugelassen, versicherte Poroschenko unter dem Beifall des Parlaments. Dessen Mitglieder erhoben sich dazu demonstrativ von den Sitzen.
Auf dem Maidan befinden sich nach einem Bericht der TV-Station TSN noch rund 400 Menschen. Es gehe darum, dass der Maidan »nicht vergessen« werde, und um die »Kontrolle der Regierung«, erklärte ein Mann. Protestierer vertrieben sich die Zeit mit Ballspielen oder Peitschenknallen. Wiederholt hatte der neue Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko den Platz von Zelten und Barrikaden räumen wollen. Am Vortag waren Sprengsätze gefunden worden.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.