Ohne Sturmgewehr zum Windelkauf
USA-Supermarktkette Target fordert ihre Kunden auf, keine Waffen zu tragen
Einkaufen im Supermarkt soll ein Familienfest sein. Dazu brauche man keine Waffen, findet die Geschäftsleitung der großen US-amerikanischen Einzelhandelskette Target. Sie hat deshalb ihre Kunden aufgefordert, beim Einkaufen in ihren 70 000 Supermärkten in den USA die Waffen zu Hause zu lassen. Anlass waren Fotos von bewaffneten Käufern im texanischen Dallas, die mit Sturmgewehren durch die Gänge flanierten. Eine Aktionsgruppe von Müttern protestierte und konnte die Target-Manager offenbar überzeugen.
»Das ist eine komplexe Frage«, sagte Target-Geschäftsführer John Mulligan unter Anspielung auf den zweiten Verfassungsartikel der USA, der jedermann der Waffenbesitz erlaubt. »Aber es reduziert sich auf eine einfache Glaubensfrage: Feuerwaffen zu Target mitzubringen, schafft eine Umgebung, die im Gegensatz zum familienfreundlichen Einkaufserlebnis steht, das wir schaffen wollen.« Die Gesetze in den Bundesstaaten erlauben es den Besitzern auch von Supermärkten, das Tragen von Waffen in ihren Einrichtungen zu verbieten.
Die Veröffentlichung der Fotos der waffenstarrenden Supermarktkunden in Texas empfand sogar die größte Gruppierung der amerikanische Waffenlobby, die National Rifle Association (NRA), als »abstoßend«. Eine Frauengruppe, die sich »Mütter fordern Aktionen zum vernünftigen Umgang mit Waffen« nennt, begann in Minneapolis eine Kampagne gegen das offene Tragen von Waffen in den örtlichen Target-Supermärkten. »Überall waren Mütter entsetzt, als sie die Bilder von Menschen mit geladenen Sturmgewehren in denselben Gängen sahen, wo wir unsere Babywindeln einkaufen«, sagt Shannon Watts. Sie hatte die Müttergruppe 2012 nach der Schießerei in der Sandy-Hook-Schule gegründet, wo ein geistig verstörter junger Mann 20 Kinder und sechs Erwachsene erschossen hatte.
Die Gruppe gehört jetzt zum »Everytown for Gun Safety«-Verband, den der Milliardär und ehemalige Bürgermeister von New York Michael Bloomberg gegründet hat. Als Teil dieser Plattform konnte die Müttergruppe 400 000 Unterschriften sammeln und sie Target präsentieren.
Target-Chef Mulligan reagierte. Man respektiere das Recht jedes Bürgers auf Waffenbesitz. »Aber im Gegenzug bitten wir um Mithilfe, damit wir unser Ziel erreichen, eine Atmosphäre der Sicherheit und des Wohlfühlens für unsere Gäste und unsere Mitarbeiter zu schaffen.« Restaurantketten wie Chili’s, Chipotle, Jack in the Box, Sonic und die Kaffeehauskette Starbucks folgen diesem Beispiel.
Die Müttergruppe verbucht das als Sieg und verweist darauf, dass Mütter eben eine kaufkräftige Kundengruppe seien. Sie freut sich, dass Target den Verfassungszusatz über das Waffentragen und die Kundensicherheit unter ein Dach gebracht hat. Denn auch diese Gruppe fordert kein komplettes Waffenverbot.
Der Präsident der Gruppe Open Carry Texas (Offenes Waffentragen in Texas), C.J. Grisham, kritisierte das Waffentrageverbot von Target selbstredend. Seine Gruppe hatte die umstrittenen Fotos veröffentlicht. Nach der Kritik der NRA habe man das eigene Verhalten jedoch geändert. »Wir werden keine Langwaffen mehr in Supermärkten tragen«, schrieb Grisham in einer E-Mail an die Presse. Von Pistolen ist darin keine Rede.
Target macht indes deutlich, dass es nur eine Bitte an die Kunden ausgesprochen habe. Es werde keine Waffenverbotsschilder in den Supermärkten geben, sagte Sprecherin Molly Snyder. »Es ist kein Verbot«, erklärte sie. Wie sich ein Marktleiter verhalten wird, wenn doch ein bewaffneter Kunde kommt, ist noch unklar.
Targets größter Konkurrent Wal-Mart - der größte Einzelhändler der Welt - erlaubt auch weiterhin das Tragen von Waffen in seinen Filialen. Wal-Mart ist auch der größte Waffenhändler in den USA. Target verkauft keine Waffen.
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