Pfeifen im Potsdamer Wald
FDP sorgt sich um Wiedereinzug in den Landtag - flotte Sprüche von der Bundesspitze
Er empfehle Zuversicht, sagte FDP-Bundesvorsitzender Christian Lindner gestern nach einer zweitägigen Beratung der Fraktionsvorsitzenden seiner Partei in Potsdam.
Über insgesamt ganze 95 Abgeordnete verfügen die Freien Demokraten derzeit noch in den Ländern und in der EU. Sollten die Liberalen aus den Potsdamer Landtag fliegen, würden es sechs weniger sein. Und so versuchte Lindern, seinen Potsdamer Parteifreunden den Rücken zu stärken. Schließlich habe die FDP in Nordrhein-Westfalen 60 Tage vor der Landtagswahl bei zwei Prozent gelegen und sei dann mit über acht Prozent in den Landtag eingezogen. Als eine Partei, die im Zweifelsfalle die Rechte des Bürgers vertrete und gegen Staatsallmacht auftrete, die den Bürger, »vor einer übermächtigen Staatsmacht schützt«, habe die FDP ihre Berechtigung. Er verwies darauf, dass in diesem Jahr der 8. Juli »Steuergedenktag« gewesen sei. Erst von diesem Tag an arbeite der Durchschnittsbürger mit Blick auf die Jahresbilanz für den eigenen Geldbeutel, alles davor sei für Steuern und Abgaben draufgegangen. Im Streben, Menschen mehr von ihrem Einkommen zu lassen, »stehen wir Schulter an Schulter mit den Gewerkschaften, gehen wir Hand in Hand mit ihnen«.
Allerdings wurde auch klar, dass gerade Brandenburgs FDP dafür sorgen will, dass sich die Staatsausgaben stark erhöhen. Denn sie planen eine umfassende Stärkung des Beamtensektors, mit dem Ruf nach mehr Lehrern und mehr Polizisten ziehen sie in den Wahlkampf. Die Zahl der Polizisten müsse sich »signifikant erhöhen«, erklärte Fraktionschef An-dreas Büttner bei dieser Gelegenheit mit Blick auf steigende Einbruchszahlen im Land. Es dürfe nicht sein, dass in irgendwelchen Bürgerwehren das Gewaltmonopol des Staates in Frage gestellt werden.
Der Bundesvorsitzende dankte Büttner dafür, dass »der Blick auf unsere Partei sich klarer gestaltet«. Dort etwa, wo der Staat spitzle, müsse er in die Schranken gewiesen werden, doch müsse er die Mittel in die Hand bekommen, um die Bürger vor Kriminellen zu schützen. Gerüchte, die FDP plane für sich selbst eine Umbenennung, wies er weit von sich. Die FDP werde sich »unter keinen Umständen umbenennen«. Würde seine Partei nicht schon Freie Demokratische Partei heißen, dann müsste man sie genau so nennen, erklärte er.
Im Programm für die Landtagswahl am 14. September 2014 nehmen die Themen Bildung und Hochschulen die ersten Seiten ein, erst weit hinten folgen Wirtschaft, Arbeit und Infrastruktur. Für Spitzenkandidat Büttner ist das keine Glaubensfrage. Er halte keine FDP-Monstranzen hoch, und Tatsache sei nun einmal, dass viel zu viele Schulabgänger nicht ausbildungsfähig sind. Brandenburg habe einen »skandalös hohen Unterrichtsausfall«, erklärte Lindern und behauptete, es sei das Bundesland mit dem meisten Ausfallstunden. »Das sehe sich auch so«, setzte Büttner hinzu, schränkte dann aber ein, dass es bei diesen Ausfallstunden in der Regel um Unterrichtsstunden handle, die »nicht entsprechend der Stundentafel gehalten« wurden.
Die FDP-Spitze wies in Potsdam die von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) vorgelegten Mautpläne zurück. Lindner nannte die vorgesehene Abgabe »die bürokratischste Idee seit dem Dosenpfand«. Büttner warf der Landesregierung in diesem Zusammenhang vor, die Ausgaben für Landesstraßen stark gesenkt zu haben. Wenn Verkehrsminister Jörg Vogelsänger (SPD) jetzt seinen Anteil an der neuen Autosteuer zum Erhalt der Landesstraßen einfordere, dann sei das vor diesem Hintergrund absurd.
Von 1990 bis 1994 war die FDP im Potsdamer Landtag vertreten und an der »Ampel«-Regierung unter Manfred Stolpe (SPD) beteiligt. Danach verfehlte sie bei Landtagswahlen die Fünf-Prozent-Hürde. Erst 2009 kam sie dank bundesweiten Aufwinds und zeitgleich abgehaltener Bundes- und Landtagswahl wieder in Parlament.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.