C-Waffen lassen Bundesanwalt kalt

Deutsche Zulieferer für Syriens Kampfstoffproduktion angeblich nicht auszumachen

  • René Heilig
  • Lesedauer: 2 Min.
Seit knapp einer Woche werden auf dem Mittelmeer Syriens Kampfstoffe entsorgt. Die deutsche Marine fährt Geleitschutz. Und was macht der Generalbundesanwalt? Offenbar nichts.

Vor einer Woche hat das US-Schiff »Cape Ray« den italienischen Hafen Gioia Tauro verlassen. Irgendwo im Mittelmeer werden nun die gefährlichsten syrischen Chemiekampfstoffe in harmlosere Substanzen aufgespalten. 60 bis 90 Tage wird die Operation dauern, zu deren Absicherung bei der 6. US-Flotte die Task Force 64 zusammengestellt wurde. Anfangs war die deutsche Fregatte »Augsburg« dabei. Weil sich die Operation aber immer wieder verzögerte, musste sie nun von der »Schleswig-Holstein« ersetzt werden.

Auf ganz andere Art und Weise ist der Generalbundesanwalt in Koblenz mit dem Problem syrischer Chemiewaffen beauftragt. Zu Jahresbeginn hatte die Internationale Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW), die auch die Mittelmeeroperation beaufsichtigt, der Bundesregierung eine Liste über 50 Lieferungen deutscher Firmen übergeben, die zwischen 1982 und 1993 möglicherweise Zulieferer der syrischen Chemiewaffen-Mixer waren. Exportiert wurden unter anderem teflonbeschichtete Bauteile und Stoffe zur Produktion des Nervengifts Sarin. Das ist jenes Gas, mit dem im vergangenen August nahe Damaskus Hunderte Menschen umgebracht wurden. Auch zwei deutsche Projektskizzen für Anlagen zur Produktion von Sarin-Ausgangsstoffen hatte die OPCW Berlin übergeben.

Die Bundesregierung beauftragte die Karlsruher Ermittler mit der Untersuchung des Falles. Zudem hatte der Linksfraktion-Abgeordnete Jan van Aken am 20. März eine »Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen bzw. Mord« gestellt. Beide Vorgänge ruhen seither in einem Ordner. Gegenüber »nd« hieß es aus Karlsruhe, »der Generalbundesanwalt ist mit dem Sachverhalt befasst. Bisher haben sich keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für Straftaten ergeben, die der Zuständigkeit der Bundesjustiz unterfallen könnten. Die Prüfung des Vorgangs dauert allerdings noch an.«

Nach rund 100 Tagen haben weder die Justiz noch die Bundesregierung, die über verschiedene Ermittlungsbehörden und Geheimdiensten verfügt, Untersuchungsresultate zum Thema Proliferation Richtung Syrien vorzuweisen. Van Aken fordert daher, der Generalbundesanwalt müsse »endlich ernsthaft ermitteln gegen die deutschen Exporteure des Todes«. Die Regierung sei gefordert, ihre Exportpraxis zu ändern. »Gefährliche Dual-Use-Gütern dürfen nicht länger an Staaten liefern werden, die der Chemiewaffenkonvention noch immer nicht beigetreten sind.«

Auch Großbritannien verkauft Chemikalien und Komponenten nach Syrien, die am Ende zur Herstellung von Sarin genutzt worden waren. Immerhin hat das Londoner Außenamt dieser Tage offiziell zugegeben, dass britische Unternehmen Hunderte von Tonnen nach Damaskus exportieren konnten, weil die staatliche Kontrolle zu lasch war.

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