Polizei räumt Hungerstreikende am Brandenburger Tor

Flüchtlinge fordern unter anderem ein Ende der Residenzpflicht für Asylbewerber und eine Arbeitserlaubnis

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Am Freitagnachmittag hat die Polizei einen Hungerstreik von Flüchtlingen am Brandenburger Tor geräumt. Als Grund wurden die Feierlichkeiten zum französischen Feiertag vor Ort genannt. »Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit« gelten nicht für Geflüchtete.

Berlin. Auf einmal geht es schnell. Etwa 15 Polizeifahrzeuge fahren am Freitagnachmittag auf dem Pariser Platz vor und räumen den seit Donnerstag andauernden Hungerstreik der rund 40 Flüchtlinge vor dem Brandenburger Tor. Die 190 Beamten packen die Demonstranten und tragen jeden Einzelnen weg.

Es war eine Räumung mit Ansage. Bereits am Mittag hatte die Polizei gegenüber den hungerstreikenden Flüchtlingen erklärt, dass der Pariser Platz verlassen werden muss, da »ein Sondernutzungsrecht« vorliegt, wie Polizeisprecher Stefan Redlich sagt. Dort, wo die Flüchtlinge bis zum Nachmittag saßen, feiert die in direkter Nachbarschaft befindliche französische Botschaft am heutigen Sonnabend ihr jährliches Fest anlässlich des französischen Nationalfeiertags am 14. Juli, der an den Sturm auf die Bastille und den Beginn der Revolution erinnert. »Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit«, forderten die Demonstranten damals – für die protestierenden Flüchtlinge scheint dies nicht zu gelten.
»Wir gehen hier auf keinen Fall weg«, hatte ein Sprecher der Gruppe noch kurz vor der Räumung erklärt. Die Situation war festgefahren, wie der innenpolitische Sprecher der LINKEN im Abgeordnetenhaus, Hakan Taş, erklärt. Zunächst habe es ein Angebot der Polizei gegeben, dass der Protest nur wenige Meter entfernt auf der gegenüberliegenden Seite des Brandenburger Tors auf dem Platz des Platz des 18. März fortgesetzt werden könne. Die Flüchtlinge weigerten sich dennoch, den Pariser Platz zu verlassen. Wie Taş berichtet, hatten sich die Flüchtlinge ihrerseits am Freitag an die Französische Botschaft gewandt, um mit dieser über einen Kompromiss zu verhandeln und den Protest in die Feier »zu integrieren«. Die Botschaft hatte die Bitte laut Taş jedoch abgelehnt. Wie Polizeisprecher Redlich erklärte, wurden insgesamt 34 Demonstranten festgenommen.
Für die Mehrheit der am Protest teilnehmenden Demonstranten könnte die Räumung ein weitreichendes Nachspiel haben. Redlich sagte gegenüber »nd«, die Polizei werde prüfen, ob einige Flüchtlinge »gegen ausländerrechtliche Beschränkungen« verstoßen haben. Konkret geht es dabei um die Residenzpflicht, welche von den Flüchtlingen missachtet wurde. Laut eigenen Angaben stammen die Protestierenden aus verschiedenen Asylunterkünften in Bayern. rdm

Am Brandenburger Tor in Berlin sind erneut Flüchtlinge in einen Hungerstreik getreten. Es handelt sich um rund 40 Frauen und Männer aus zwölf verschiedenen Nationen, wie Sprecher der Gruppe am Freitag dem Evangelischen Pressedienst (epd) sagten.

Die Flüchtlinge halten sich nach eigenen Angaben seit Donnerstagnachmittag auf der Mittelinsel östlich des Brandenburger Tores auf und nehmen keine Nahrung zu sich. Sie planen, ihren Hungerstreik vor dem Berliner Wahrzeichen fortzusetzen. Ob die Polizei als Versammlungsbehörde das akzeptiert, war am Freitag zunächst unklar. Die Kundgebung sei bis 12.00 Uhr angemeldet, danach werde man weiter sehen, sagte eine Polizeisprecherin am Vormittag.

Laut einer Polizeisprecherin, handelt es sich nach ihren Worten um die gleiche Gruppe, die vor etwas mehr als einer Woche den Berliner Fernsehturm am Alexanderplatz kurzzeitig besetzt hatte. Sie kämpfen für ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht und wollten am Brandenburger Tor bleiben, bis ihre Asylanträge genehmigt sind. Vertreter von ihnen verwiesen auf epd-Anfrage darauf, dass sie derzeit keine Möglichkeit hätten Deutsch zu lernen oder zu arbeiten. Zudem würden sie durch die Residenzpflicht in ihrer Freiheit eingeschränkt.

Bereits um den Jahreswechsel 2012/2013 waren Flüchtlinge am Brandenburger Tor in einen Hunger- und später auch Durststreik getreten. In die damaligen Verhandlungen mit den Flüchtlingen hatten sich unter anderem die damalige Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), und Berlins Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) eingeschaltet. In der Folge der Proteste hatten Flüchtlinge die bis heute besetzt gehaltene Gerhart-Hauptmann-Schule in Berlin-Kreuzberg bezogen. dpa/epd/nd

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