Bernau drängt es ins Welterbe

Bauhaus-Ensemble der Bundesschule soll bis 2019 für UNESCO-Liste fitgemacht werden

  • Theo Weisenburger
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Komplex der Bernauer Bundesschule soll bis zum Bauhaus-Geburtstag im Jahr 2019 Weltkulturerbe werden. Aber noch fehlen 4,5 Millionen Euro für den Ausbau der ehemaligen Gewerkschaftsschule.

Das Baudenkmal liegt gut versteckt im Wald von Bernau (Barnim), kein Hinweisschild lässt erahnen, dass aus diesem Kleinod einmal Großes werden könnte: Die von den Bauhaus-Architekten Hannes Meyer und Hans Wittwer im Jahr 1930 im heutigen Stadtteil Waldfrieden erbaute Bundesschule des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbunds (ADGB) soll spätestens 2019 in das UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen werden. So jedenfalls will es der Förderverein für das Bauensemble. Die Gebäude sind zwar schon denkmalgerecht saniert. Die Handwerkskammer Berlin bringt dort seit 2001 Gerüstbauer-Lehrlinge unter. Doch in die Außenanlagen und in die übrige Ausstattung für die erhofften Besucher müssen noch gut 4,5 Millionen Euro investiert werden.

Noch verhandeln die Beteiligten - darunter das Land Brandenburg und die Stadt Bernau - darüber, wer das bezahlen soll. Doch die Zeit drängt, denn der Termin 2019 ist mit Bedacht gewählt: Das Gebäude-Ensemble gilt als eines der Vorzeigeobjekte des Staatlichen Bauhauses Dessau, das im Jahr 2019 seinen 100. Geburtstag feiert.

Architektur-Kleinod am Rande Berlins

Die Bundesschule in Bernau-Waldfrieden,

einer der wichtigen Großbauten

des Dessauer Bauhauses,

wurde von Bauhaus-Direktor Hannes

Meyer und vom Meister der Bauabteilung

Hans Wittwer konzipiert. 

Fertiggestellt im Mai 1930, steht seit

1977 unter Denkmalschutz.

Die erste zentrale Bildungsstätte des

Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes

(ADGB) bot in den

Wohn- und Unterrichtsräumen Platz

für 120 Lehrgangsteilnehmer. Unterrichtet

wurden sie von fest angestellten

Lehrern.

} Nach der Machtübernahme durch der

Nationalsozialisten besetzte die SA

die Schule. Im Juni 1933 zog die

Reichsführerschule der NSDAP ein.

Später wurde das Ensemble Schulungsstätte

für Angehörige von SS,

Sicherheitsdienst und Gestapo.

Die Rote Armee, die die Gebäude

vorübergehend als Lazarett genutzt

hatte, übergab sie im Frühjahr 1946

dem Freien Deutschen Gewerkschaftsbund

(FDGB). Die Umwandlung

zur Gewerkschaftshochschule

»Fritz Heckert« ab 1951 machte Erweiterungsbauten

notwendig.

Am 4. Mai 1990 wurde der Verein

»baudenkmal bundesschule bernau«,

gegründet, der sich die Bewahrung

des Ensembles zum Ziel setzt. Ab

Oktober 1990 versuchte ein Bildungs-

und Begegnungszentrum

Bernau e.V., hier arbeitnehmerorientierte

Weiterbildung anzubieten.

} Nachdem der DGB auf die Übernahme

verzichtet hatte, verwaltete die

Treuhand das Ensemble. 1993 trat

das Land Brandenburg in den Erbbauvertrag

mit der Stadt Bernau ein.

} Von September 1991 bis August 1998

war die Fachhochschule für öffentliche

Verwaltung des Landes Brandenburg

in den Gebäuden untergebracht.

} Nach mehrjähriger Sanierung nutzt

die Handwerkskammer Berlin die

Hauptgebäude der Bundesschule,

den Meyer-Wittwer-Bau, als Bildungs-

und Innovationszentrum. In

die später erbauten Gebäude sind das

Barnim-Gymnasium und das Landesjugendamt

eingezogen. Die einstigen

Lehrerhäuser sind vermietet. dpa/nd

Der Weg zum Weltkulturerbe ist noch steinig, aber: »Wir machen uns berechtigte Hoffnungen«, sagt Friedemann Seeger, Vorsitzender des Fördervereins »Baudenkmal Bundesschule Bernau«. Die Bauhaus-Stätten in Weimar und Dessau sind bereits als Weltkulturerbe anerkannt, die Bernauer Bundesschule würde diesen nur hinzugefügt. Das mache es einfacher, sagt Seeger.

Die Antragsunterlagen sollen bis Herbst 2015 fertiggestellt sein. Dann wählt die Kultusminister-Konferenz diejenigen Vorschläge aus Deutschland aus, über die das Welterbe-Komitee der UNESCO voraussichtlich im Sommer 2017 entscheidet. Seeger ist zuversichtlich, dass Bernau dabei sein wird. »Es hängt davon ab, wie geschickt wir das präsentieren.«

Prominente Fürsprecher gibt es bereits. »Ich drücke die Daumen«, hatte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) Anfang Mai nach einer Kabinettssitzung in Eberswalde zu den Welterbe-Plänen der Bernauer gesagt. Und auch Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) soll mit ins Boot geholt werden. Wanka, einst Wissenschaftsministerin der rot-schwarzen Landesregierung in Brandenburg, wisse um die Bedeutung der Bundesschule, so Seeger.

Die ist in der Tat groß. In dem für den ADGB errichteten Ensemble verwirklichten Meyer und Wittwer das sozialpädagogische Programm des Bauhauses. Im Seminargebäude und in den Wohnheimen lebten und lernten die meist jungen Menschen gemeinsam, studierten in der Bibliothek, trieben Sport in der Halle oder in einem Naturbad. Das alles im für die damalige Zeit revolutionären Bauhausstil. »Für 1930 war das supermodern«, sagt Seeger. Und diese Moderne hat die Zeit und Systemwechsel überdauert. Trotz vieler Umbauten und umfassender Sanierung zu Beginn dieses Jahrtausends ist der Bauhaus-Stil unverkennbar.

Das gilt jedoch nur für die Gebäude. Die Außenanlagen seien noch weit davon entfernt, einem Weltkulturerbe gerecht zu werden, sagt der Vorsitzende des Fördervereins. Doch die benötigten 4,5 Millionen Euro kann die Stiftung Baudenkmal Bundesschule Bernau nicht stemmen.

Tourismus, Gastronomie, der Nahverkehr - vom Welterbe-Status könnte die ganze Region profitieren, glaubt der Vereinsvorsitzende. Dem stimmt auch Fanny Behr, Sprecherin der Stadt Bernau, zu. »Wir wollen die Bundesschule über die städtische Tourist-Info stärker bewerben«, sagt sie. Doch bei der Frage nach weiterer finanzieller Unterstützung verweist sie auf die Stiftung, in die die Stadt bereits eine Million Euro eingezahlt habe.

Ähnlich sieht das Gregor Schöning, Leiter des Bildungs- und Innovationszentrums Bernau. Er zeigt sich sehr skeptisch, ob die Handwerkskammer in die Außenanlagen Geld investieren kann. Schließlich hätten die Berliner acht Millionen Euro in die Sanierung der Gebäude gesteckt. Schöning setzt nun darauf, dass sich im Zuge des Bauhaus-Jubiläums Land und Bund am Ausbau beteiligen. »Wenn wir öffentliche Mittel bekommen, werden wir investieren.«

Hans-Georg Moek, Sprecher des Potsdamer Kulturministeriums, kündigt immerhin »in Kürze Gespräche mit der Stadt Bernau, dem Landkreis und weiteren Partnern« hinsichtlich weiterer Investitionen an. dpa/nd

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