CDU für UN-Blauhelme in der Ukraine

Unionsfraktionsvize schließt auch Beteiligung der Bundeswehr nicht aus / OSZE kann sich an Absturzstelle nicht frei bewegen / Gysi: Sofort alle Kampfhandlungen einstellen

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Nach dem mutmaßlichen Abschuss des Passagierflugzeugs über der Ostukraine hat die Union einen UNO-Blauhelmeinsatz für die Region ins Spiel gebracht. »Wir brauchen jetzt schnellstmöglich einen international überwachten Waffenstillstand«, sagte Unionsfraktionsvize Andreas Schockenhoff der »Rheinischen Post«. Man sei »jetzt in einer Phase, in der wir über einen Blauhelmeinsatz unter dem Dach der Vereinten Nationen mit einem entsprechenden Mandat nachdenken müssen«. Eine Beteiligung der Bundeswehr in der Ukraine schloss der CDU-Außenexperte nicht aus. »Wenn eine solche Mission zustande kommen sollte, würde auch Deutschland gefragt sein«, sagte er. Ein Blauhelmeinsatz setze eine einstimmige Resolution des UN-Sicherheitsrates hervor, ergänzte Schockenhoff in der »Passauer Neuen Presse«. Zu den ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrates gehört auch Russland.

Bei dem Absturz der Malaysia-Airlines-Boeing waren am Donnerstag alle 283 Passagiere und 15 Besatzungsmitglieder ums Leben gekommen. US-Präsident Barack Obama hat nach dem mutmaßlichen Abschuss mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) telefoniert. Obama sprach am Freitag auch mit dem britischen Premierminister David Cameron, Polens Premierminister Donald Tusk und Australiens Premierminister Tony Abbott, teilte das Weiße Haus mit. Alle fünf Politiker sprachen sich in den Telefonaten demnach für eine schnelle internationale Untersuchung aus, um die Hintergründe zu klären.

Eine Sprecherin der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sagte, die Beobachter seien am Freitag zwar nahe an die Absturzstelle herangekommen und hätten auch Wrackteile gesehen. Frei bewegen können hätten sie sich aber nicht. Bewaffnete hielten sie demnach auf, ein den Beobachtern angekündigter Anführer sei nicht erschienen. Der OSZE-Forderung, nichts an der Absturzstelle zu verändern, wurde der Sprecherin zufolge nicht gänzlich nachgekommen. Gepäckstücke seien fein säuberlich aufgereiht worden. Wer hinter dem Absturz steckt, ist noch immer unklar.

Linksfraktionschef Gregor Gysi sprach von einer »unfassbaren Tragödie«. Er trauere mit allen Hinterbliebenen, so der Linkenpolitiker. »Die Absturzursache muss nun unverzüglich von einem neutralen internationalen Experten-Team ermittelt und für den Fall eines Abschusses des Flugzeuges müssen die Täter überführt und gerichtlich zur Verantwortung gezogen werden«, verlangte Gysi. Die Katastrophe der Malaysia-Airlines-Boeing zeige »einmal mehr, dass Zivilisten regelmäßig unschuldig zu Opfern militärischer Auseinandersetzungen werden«. Zwischen der russischen und der ukrainischen Seite müssten »jetzt sofort alle Kampfhandlungen eingestellt und unter Schirmherrschaft der Vereinten Nationen Verhandlungen mit allen Seiten geführt werden«, so der Linksfraktionschef.

Der Obmann der Linksfraktion im Verteidigungsausschusses des Bundestags, Alexander Neu, sprach sich für »eine sofortige unabhängige Untersuchung des Vorfalls unter Einbeziehung internationaler Experten« aus. Man könne den Konflikt in der Ostukraine nicht mit Gewalt lösen, »sondern ausschließlich durch Verhandlungen. Der Weg, der mit der Grenzüberwachung unter dem Dach der OSZE begonnen wurde, muss fortgesetzt und ausgebaut werden. Die Ausweitung und Verschärfung von Sanktionen sind der falsche Weg«, so Neu.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen (CDU), gab derweil dem russischen Präsidenten Wladimir Putin eine Mitschuld. Kämpfer und Waffen, auch schweres Gerät, gelangten von Russland in die Ukraine, sagte er der »Welt am Sonntag«. Putin »könnte das unterbinden, tut es aber nicht«. Der Abschuss des malaysischen Flugzeugs zeige: »Auch ungewollte Ereignisse können eine unbeherrschbare Eskalation auslösen.« Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Markus Tressel warf der Bundesregierung eine »fehlerhafte Risikobewertung« vor. Für Syrien habe eine Überflugwarnung des Auswärtigen Amtes vorgelegen, für die Ukraine bis zum Abschuss der Maschine aber nicht, kritisierte Tressel in der »Westdeutschen Allgemeinen Zeitung«. Agenturen/nd

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.