Zum Glück sind Preußenfans geizig

Für den Bau der Garnisonkirche in Potsdam sieht es aus mehreren Gründen nicht gut aus

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 4 Min.
In Potsdam spitzt sich die Auseinandersetzung um die Garnisonkirche zu. Nach dem Erfolg der Volksinitiative macht nun die Rathaus-Allianz (SPD, CDU, Grüne und andere) die Befürworter mobil.

Das Vorhaben, eine Kopie der Potsdamer Garnisonkirche zu bauen, hat binnen eines halben Jahres den zweiten bedeutenden Rückschlag erhalten. Erst zog eine Unterstützergruppe - die »Stiftung Preußisches Kulturerbe« - einige schon zugesagte Millionen wieder aus dem Projekt ab und nun hat eine erfolgreiche Volksinitiative die Stadtverordnetenversammlung gezwungen sich erneut mit der Frage zu befassen.

Die hohe Zahl von mehr als 14 0000 Unterstützer-Stimmen für die Volksinitiative ist auch deshalb verblüffend, weil deren Anliegen nur noch ein vollkommen krudes sein konnte. Sie setzte sich zum Ziel, die Stadtregierung zur Aufgabe ihrer Position in der Wiederaufbau-Stiftung zu zwingen und auf die Auflösung dieser Stiftung zu drängen. Beides ist schier unmöglich, weil eine Baugenehmigung für diesen Standort bereits erteilt worden ist. Der Wert der Volksinitiative ist also rein symbolisch, aber deswegen nicht weniger ernst zu nehmen. Von einem »eindeutigen Votum« sprach denn denn auch Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD).

Wenn eine Mehrheit der Stadtverordnetenversammlung bei der Sitzung am 30. Juli dem Ziel der Volksinitiative nicht folgt, ist der Weg zu einem Volksbegehren frei, das praktischerweise am 14. September, also am Tag der Landtagswahl, in Potsdam abgehalten werden könnte.

Derzeit sind die Insignien des Kirchenbaus, ein goldenes Kreuz, eine goldene Krone, ein goldener Adler, schon am geplanten Standort zu bewundern - allerdings sicherheitshalber hinter Gittern. Bezeichnenderweise ist ein gigantischer Käfig errichtet worden, in dem die Symbole verstaut werden mussten. Denn nicht erst seit der Volksinitiative ist bekannt: Auf ungeteilte Liebe - wie etwa der Wiederaufbau der Frauenkirche in Dresden - stößt der Neubau der Garnisonkirche nicht. Auch wenn Ex-Ministerpräsident Manfred Stolpe glaubt, mit der Umbenennung des Baus in Heilig-Kreuz-Kirche neue Anhänger gewinnen oder die Gegner besänftigen zu können. Die Absicht mancher Garnisonkirchenbefürworter ist schlicht: Wenn schon das aus DDR-Tagen stammende Hotel »Mercure« vorläufig weiter die Skyline Potsdams prägen wird, so soll ihm wenigstens ein Preußenbau entgegengesetzt werden, der es um 28 Meter überragt. Erstaunlich ist, wie mit den Rekonstruktionsplänen in Potsdam auch eine geschichtliche Umprägung des einstigen Militärtempels stattfinden soll. Dass in ihm die geistige und staatliche Vermählung von Faschismus, Preußentum und evangelischer Kirche zelebriert worden ist soll beispielsweise als geschichtliche Bagatelle abgetan werden. Es war ein Konsistorialpräsident namens Otto Dibelius, der 1933 den Nazis dieses Bauwerk aufgeschlossen hatte.

Doch die Garnisonkirche hat schon Jahrhunderte zuvor dem preußischen Militarismus Gottes Segen für seine Unternehmungen gespendet. Immerhin einem Staat, der die Tradition begründet hat, neutrale Staaten zu überfallen und auszuplündern. »Not kennt kein Gebot«, wusste König Friedrich II., wenn er jene Verbrechen begründete, über die heutige Preußenbewunderer so gern und geflissentlich hinweggehen.

Während die Wiedererrichter der Dresdner Frauenkirche zumindest noch eine Kriegsruine vorfanden, auf der sich ein Gotteshaus gründen ließ, steht von der Garnisonkirche in Potsdam nichts mehr. Deren Kriegsruine wurde zu DDR-Zeiten abgerissen. Denkmalschutzmittel sind also für diese unverfälschte Kopie nicht zu erwarten. Und wenn der Staat sich an seine eigenen Regeln hält, dann finanziert er einen Kirchenneubau nicht. Alle Finanzzusagen der Bundesregierung und auch die Baulandschenkung durch die Stadt sind vor diesem Hintergrund mindestens fragwürdig. Es gibt aber noch einen weiteren Unterschied. Während der weitaus größte Teil der mehr als 300 Millionen Euro für die Frauenkirche durch Spenden zusammenkamen, halten die Preußenfans ihre Taschen zu. 6,5 Millionen sollen auf dem Konto liegen, 26,5 Millionen fehlen allein für die Rekonstruktion des Glockenturmes. Und das wäre noch sehr billig gerechnet. Preußische Sparsamkeit ist Trumpf, es will und will einfach keine nennenswerte Summe zusammenkommen, die zumindest einen Baustart rechtfertigen würde. Ohnehin herrscht durch den Rückzug bedeutender angeblicher Spender Ebbe in der Kasse.

Und so lautet die Strategie der Aufbaubefürworter offenbar, die öffentliche Hand zu veranlassen, ungeachtet der ungesicherten Finanzierung mit dem Bau zu beginnen. Er würde nach vorsichtigen Schätzungen mindestens 150 Millionen Euro kosten. Eine Baustelle mitten in Potsdam würde die öffentliche Hand zum Weiterbau zwingen, so das Kalkül. Am Ende bliebe der Staat auf seinem Kirchenbau sitzen. In diesem Licht ist die Zusage des Bundes zu sehen, schon einmal zwölf Millionen in die Kirchenkasse zu legen.

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