Kompetente Hilfe für Jugendämter
Erfurter Kinderschutzambulanz half seit Gründung vor einem Jahr 81 Betroffenen
Erfurt/Jena. In der Kinderschutzambulanz am Helios-Klinikum Erfurt sind seit ihrer Gründung vor einem Jahr 81 von Gewalt und Vernachlässigung betroffene Mädchen und Jungen betreut worden. »Die meisten Kinder waren zwischen einem und sechs Jahre alt«, sagte der Erfurter Kinderchirurg Kay Großer der dpa. Sie wurden etwa von Notärzten oder Polizei ins Klinikum gebracht. Die häufigsten Formen der Gewalt seien körperliche und sexuelle Misshandlung gewesen, gefolgt von Vernachlässigung. Die Kinderschutzambulanz in Erfurt ist neben der schon seit acht Jahren bestehenden Ambulanz am Universitätsklinikum Jena die einzige derartige Einrichtung in Thüringen.
In beiden Ambulanzen arbeiten Kinderärzte, Kinderchirurgen, Ärzte anderer Fachrichtungen, Psychologen und Sozialarbeiter zusammen. Dabei geht es nicht nur um rasche medizinische Hilfe für misshandelte Kinder, sondern auch um Unterstützung der Eltern. Überforderung der Eltern ist nach Einschätzung von Großer eine häufige Ursache für Gewalt gegen Kinder. Beispiel dafür sei etwa das Schütteln von Säuglingen, bei denen diese schwere Hirnverletzungen - das sogenannte Schütteltrauma - erleiden können. In den vergangenen zwölf Monaten war es elfmal die Polizei, die Kinder in die Erfurter Ambulanz brachte. Fünfmal war der Notarzt Rettung für die Kleinen. In 23 Fällen suchten Eltern selbst die Notaufnahme auf. Zunehmend weisen auch niedergelassene Kinderärzte und das Jugendamt Kinder ins Klinikum ein. »Bevor wir die Schutzgruppe gegründet hatten, wurden monatlich maximal zwei Kinder entdeckt, die Gewalt erlebt haben. Heute sind es vier bis fünf Kinder im selben Zeitraum«, so Großer.
Ähnliches beobachtet die Kinderschutzambulanz des Universitätsklinikums Jena. Dort hat sich die Zahl der Verdachtsfälle auf Kindesmisshandlung 2013 im Vergleich zum Vorjahr auf 109 nahezu verdoppelt, heißt es aus dem Klinikum. Der Erfurter Kinderchirurg Großer plädiert für vier bis fünf weitere solcher Zentren in Thüringen. »Es geht nicht nur um eine ärztliche Behandlung, sondern um Wohnortnähe, wenn wir den Kindern und ihren Familien wirklich helfen wollen.« Diese Sicht teilt auch das Thüringer Sozialministerium. »Wir möchten, dass die Jugendämter für ihre Aufgaben des Kinderschutzes verlässliche regionale Ansprechpartner und kurze Wege haben«, sagte Christine Kascholke vom Sozialministerium. dpa/nd
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