Tricks für die Garnisonkirche

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.
An diesem Mittwoch soll das Potsdamer Stadtparlament den Termin des Bürgerentscheids gegen die Garnisonkirche festlegen.

Angesichts des Konflikts im Nahen Osten soll es an diesem Mittwoch um 18 Uhr ein Friedensgebet geben - in der Kapelle am ehemaligen Standort der Potsdamer Garnisonkirche. Beinahe zeitgleich könnten im Stadthaus wichtige Entscheidungen zur Garnisonkirche fallen. Umstritten ist der geplante Wiederaufbau des Gotteshauses, in dem die Preußen einst Fahnen besiegter Regimenter zur Schau stellten und das bei einem Bombenangriff 1945 ausbrannte. Die Initiative »Potsdam ohne Garnisonkirche« reichte 14 285 gütige Unterschriften ein.

Nun ist für 17.30 Uhr eine außerordentliche Sitzung der Stadtverordnetenversammlung (SVV) anberaumt. Zunächst muss die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens festgestellt werden. Es verlangt, die Stadt solle alle Möglichkeiten nutzen, die »Stiftung Garnisonkirche Potsdam« aufzulösen. Alle Voraussetzungen für die Zulassung sind erfüllt. So hätten bereits 13 326 Unterschriften genügt. »Die rechtlichen Möglichkeiten mögen zwar sehr begrenzt sein«, heißt es in einer Vorlage der Verwaltung von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD). »Es kann gegenwärtig aber nicht völlig ausgeschlossen werden, dass sich die erhobene Forderung nicht doch erfüllen ließe.« Zwar dürfte es der Stadt fast unmöglich sein, die Garnisonkirche im Alleingang noch zu verhindern, da sie die Baugenehmigung bereits erteilte. Doch es hätte Symbolkraft, wenn sich Zehntausende bei einem Bürgerentscheid gegen den Wiederaufbau aussprächen. Das würde Spender abschrecken, vermutet Simon Wohlfahrt von der Bürgerinitiative. Denn: »Jeder möchte für etwas spenden, was auf Zustimmung stößt.«

Eine Ablehnung ließe sich gut dokumentieren, wenn der Bürgerentscheid mit der Landtagswahl am 14. September zusammengelegt wird, weil die Beteiligung dann sicher höher ausfallen würde. Über den Termin soll die SVV gleich mit entscheiden.

Leider verweigere sich die SPD dem 14. September, registrierte LINKE-Kreisvorsitzender Sascha Krämer. Dies widerspreche dem Versprechen der SPD, »mehr Bürgerbeteiligung zu ermöglichen«. Sauer ist Krämer insbesondere auf SPD-Vizefraktionschef Pete Heuer, der mit kruden Argumenten gegen den 14. September agitiert. Bei Heuer handelt es sich um einen Überläufer, der selbst mehrere Jahre LINKE-Kreisparteichef war. Früher habe Heuer andere Vorstellungen zur direkten Demokratie geäußert, erinnert Krämer. 75 000 Euro würde ein extra Wahlgang verschlingen. Die FDP möchte deshalb den 14. September - und Krämer hofft, dass sich auch Grüne und Sozialdemokraten dazu durchringen.

Nicht funktionieren würde der Trick, einfach nicht zur Sitzung zu erscheinen, weil die SVV nur beschlussfähig ist, wenn mehr als die Hälfte der Stadtverordneten anwesend ist. Innerhalb von fünf Tagen würde die Sitzung wiederholt werden, und dann würde die Mehr-als-die-Hälfte-Regel nicht mehr gelten. Der Termin 14. September wäre auch so noch zu halten. Möglich wäre aber, dass die SPD und andere das Bürgerbegehren zum Schein annehmen und nicht ernsthaft versuchen, die Stiftung aufzulösen - nur um den Bürgerentscheid zu verhindern. Doch damit rechnet Krämer nicht.

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