Ein Billiglohnland geblieben

Arbeitsminister Günter Baaske stellte Betriebspanel vor

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.
Eine Vollzeitkraft in einem märkischen Betrieb verdient monatlich im Schnitt 1980 Euro brutto. Das sind 500 Euro weniger als im Westen.

Das zurückliegende Vierteljahrhundert kapitalistische Marktwirtschaft in Brandenburg hat den Qualifizierungsvorsprung aus DDR-Tagen nicht ruinieren können. Zwar habe sich eine leichte Verschlechterung ergeben, doch »ist sie nicht sehr stark«, sage Arbeitsminister Günter Baaske (SPD), als er am Dienstag das 18. Betriebspanel vorstellte. Beim Betriebspanel handelt es sich um eine Umfrage unter Unternehmensleitungen.

Lediglich 16 Prozent der märkischen Arbeitskräfte sind nur gering qualifiziert. Im Durchschnitt der westlichen Bundesländer sind es 23 Prozent. Dieser Abstand rührt aus den Lebensbedingungen vor 1990. In der DDR gab es für jeden mindestens eine Berufsausbildung und sei es zum Teilfacharbeiter. Für die alte Bundesrepublik galt dies nicht.

Die Qualifikation der Brandenburger führt jedoch keineswegs zu einem auch nur halbwegs zufriedenstellenden Einkommensniveau. Der aktuellen Umfrage bei 1016 Betrieben zufolge ist Brandenburg das Billiglohnland geblieben, das es seit 1990 gewesen ist. Ausgenommen davon sind nur einige Sparten wie der öffentliche Dienst und das Bankwesen.

Wer aber in einem privaten Unternehmen angestellt ist, der verdient als Vollzeitkraft in Brandenburg im Durchschnitt 1980 Euro brutto. In den vergangenen fünf Jahren hat sich damit der Lohn für diese Gruppe um erbärmliche 100 Euro erhöht, also faktisch überhaupt nicht. Der Lohnabstand zum Westen beträgt rund 500 Euro. Brandenburger verdienen im Schnitt 81 Prozent vom Westgehalt. Das ist bereits 1997 so gewesen. Einen Angleich hat es also nie gegeben, zwischenzeitlich ist der Lohnabstand sogar noch größer gewesen.

Minister Baaske zeigte sich über die Werte alles andere als zufrieden. »Der Lohn muss einen Lebensstandard sichern.« Es müsse sich etwas ändern. Hoffnungen setzt Baaske in die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns ab dem kommendem Jahr. Rund 330 000 Brandenburger - ein Drittel aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Bundesland - könnten davon profitieren.

Mit seinem Lohnabstand zum Westen steht Bandenburg im Vergleich zu anderen ostdeutschen Ländern sogar noch gut da. Dort ist der Abstand noch größer. Auf das brandenburgische Umland strahlte die Hochlohninsel Berlin aus, erklärte Vera Dahns von der SÖSTRA GmbH, die das Betriebspanel erstellte. Obwohl in der Hauptstadt auch viele arme Menschen leben, verdient ein Arbeiter oder ein Angestellter in Berlin doch für die gleiche Tätigkeit mehrere hundert Euro mehr als in Brandenburg.

Gemessen am Jahr 2005 zählt man im Bundesland inzwischen elf Prozent mehr Beschäftigte, und die Arbeitslosenquote liegt mittlerweile stabil unter zehn Prozent. Doch die Zahl der atypischen Beschäftigungsverhältnisse ist überproportional angewachsen. Bei 38 Prozent aller Arbeitsstellen handelt es sich um Minijobs, um Teilzeitbeschäftigung, um Leiharbeit oder um befristete Beschäftigung. Atypische Beschäftigungsverhältnisse, die 1996 bloß einen Anteil von 19 Prozent hatten, sind also typisch geworden. Diesen Trend gibt es in ganz Deutschland. Nur gut jeder Vierte von den befristet Eingestellten könne damit rechnen, dass er am Ende einen unbefristeten Vertrag bekommt, hieß es.

Zwar werden inzwischen messbar mehr Lehrlinge nach Abschluss ihrer Ausbildung übernommen, aber längst nicht alle, sagte Baaske. Dies führe zu der skurrilen Situation, dass Lehrlinge bei den Abschlussprüfungen absichtlich durchfallen. Denn dann dürfen sie bis zur Wiederholungsprüfung noch ein halbes Jahr im Betrieb bleiben und erhalten bis dahin weiter das verhältnismäßig hohe Lehrlingsentgelt des dritten Lehrjahres gezahlt. So erklärte Baaske die hohen Durchfallraten von über 50 Prozent beim Bauhandwerk und in der Gastronomie.

Waren im Jahr 2008 noch 43 Prozent der Unternehmen bereit, ihre Ansprüche an eine neue Arbeitskraft zu reduzieren, falls sie sonst niemanden finden, so galt das 2013 nur noch für 30 Prozent. »Deutlich seltener gingen Betriebe Kompromisse hinsichtlich der Bezahlung beziehungsweise der Arbeitszeitvorstellung ein«, heißt es im Betriebspanel.

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