Boliviens solare Revolution

Die Regierung von Evo Morales fördert die Sonnenenergie mit großzügigen Subventionen

  • Knut Henkel, Cochabamba
  • Lesedauer: 4 Min.
Warmwasserkollektoren kommen in Bolivien in Mode. Die Anlagen werden staatlich bezuschusst. Doch bis das ganze Potenzial der Sonne genutzt wird, ist es noch ein weiter Weg.

»Wir sind total zufrieden mit dem System, denn es senkt die Energiekosten und wird sich schnell amortisieren«, so Marcelo Flores. Der 35-jährige Soziologe aus Cochabamba hat gemeinsam mit seinen Bruder Solarkollektoren zur Warmwasserbereitung auf dem Dach installieren lassen. »Früher haben wir 400 Bolivianos (umgerechnet etwas mehr als vierzig Euro) für Strom bezahlen müssen, nun sind es noch 320 Bolivianos«. Dafür hat die Familie rund 2000 US-Dollar in eine Anlage investiert, die mindestens zwanzig Jahre heißes Wasser für die fünf Personen liefern soll. Sie haben nicht nur auf den Rechenschieber und auf den eigenen Geldbeutel geschielt, sondern sich bewusst dafür entschieden Energie zu sparen und etwas für die Umwelt zu tun.

Das ist noch recht selten in Bolivien, aber immer mehr Familien überlegen, ob sie nicht die teure Elektrodusche durch zeitgemäße Modelle ersetzen sollen, so Rodolfo Arteste. Er ist der Inhaber von Siesa, einem Energiedienstleister in Cochabamba, der nicht nur Solarkollektoren, sondern auch Solarpanels und Schwimmbadtechnologie anbietet.

»Es sind vor allem Mittelklassefamilien, die kommen und sich beraten lassen, wie sie ihren Stromverbrauch reduzieren können«, erklärt Arteste. Die Umstellung bei der Warmwasserbereitung ist dafür eine Option, die mit 1200 US-Dollar bis 2000 US-Dollar zu Buche schlägt - je nach Qualität und Kapazität der Anlage, für die man sich entscheidet. »Schon nach 3,5 Jahren haben sich die einfachsten Anlagen amortisiert«, rechnet Arteste vor und er weiß natürlich auch, dass die Regierung in La Paz den Familien mit Krediten- und Förderprogramme unter die Arme greifen. »Bis zu vierzig Prozent der Kosten übernimmt die Regierung«, rechnen Experten wie Miguel Fernández von der Nichtregierungsorganisation Energética vor. Die lebt von der Energieberatung, ist aber vor allem Lobbyist für die Erneuerbaren Energien in Cochabamba wie La Paz.

»Regenerative Energien sind erst jetzt mit gehöriger Verzögerung mehr und mehr ein Thema in Bolivien«, erklärt der Elektroingenieur Miguel Fernández Fuentes. »Dafür müssten wir lange argumentieren, denn Bolivien ist nun einmal ein Land mit großen Gasreserven und da sind Debatten über die Energieversorgung der Zukunft schwer zu führen«. Doch Fuentes, Direktor von Energética, der größten alternativen Energieberatungsgesellschaft, ist guter Hoffnung, dass sich daran etwas ändern könnte. »Ende Februar wurde auf einem Workshop in La Paz der Entwurf eines neuen alternativen Energiegesetzes vorgestellt, der den Durchbruch für die alternativen Energien in Bolivien bringen könnte.« Dafür hat sich Fernández Fuentes jahrelang eingesetzt und arbeitet auch ganz praktisch für den energetischen Wandel in Bolivien.

»Wir beraten und koordinieren die Installation von solarthermischen Anlagen, von Photovoltaik, aber auch von Wind- und Wasserkraftanlagen«, so der in La Paz geborene und in Cochabamba aufgewachsene Energieexperte. Die Umstellung der Warmwasseraufbereitung von Durchlauferhitzern auf Solarthermie bietet dabei extrem hohe Einsparpotenziale, die im Energieministerium in La Paz erst spät erkannt wurden.

»Jede installierte Solarthermie-Anlage spart über das Jahr gerechnet eine Tonne an Kohlendioxid-Emissionen und rund 260 US-Dollar an Energiekosten«, so Fernández. Der 51-jährige Energieexperte hat zudem ein Modell gefunden, wie er mit jeder installierten Anlage etwas Geld verdienen kann. Woher? Von der Schweizer Stiftung My Climate, die zu den führenden Anbietern von freiwilligen Kompensationsmaßnahmen gehört und Energética jede eingesparte Tonne an Kohlendioxid mit rund zehn US-Dollar vergütet. My Climate betreibt und unterstützt weltweit rund 30 Klimaschutzprojekte und zu denen gehört neben Energética auch Cedesol. Die kleine Nichtregierungsorganisation, produziert neben effektiven Holzherden, die deutlich weniger Brennholz verbrauchen und so weniger CO2 emittieren, auch Solarkocher.

Die werden auch von Fernández empfohlen, wenn er im Großraum von Cochabamba unterwegs ist und alternative Energiesysteme für kleine Dörfer und Siedlungen konzipiert. »Rund 600 000 Familien in Bolivien haben bisher noch keinen Zugang zum Stromnetz und für viele Dörfer sind Solarsysteme eine Alternative«, so Fernández. Das liegt daran, dass die Sonneneinstrahlung in Boliviens Hochlandregionen deutlich höher als in Deutschland ist und die Energieerträge somit auch weit über denen in Deutschland liegen. Dadurch rechnen sich die Investitionen deutlich schneller und das hat sich nun auch in den Ministerien herumgesprochen. Dort plant man mit einem Fonds, alternative Energieprojekte zukünftig zu finanzieren. Der soll mit einer Abgabe für das billige heimische Gas finanziert werden. Für Fernández könnte das der Durchbruch für den Ausbau der Solarenergie sein. Zudem soll ein neues Energiegesetz die Ausweitung der alternativen Energieerzeugung anschieben. Doch es wird wohl erst nach den Präsidentschaftswahlen im Oktober kommen.

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