»Sehr pfiffig im Kopf«

Das Arbeitsministerium fördert erneut die Einstellung schwer behinderter Menschen

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.
Die schwindende Zahl von Lehrlingen und Fachkräften hat die Lage für behinderte Bewerber verbessert. Dennoch will Arbeitsminister Baaske den Anreiz zur Einstellung Behinderter vergrößern.

Im zweiten Lehrjahr schon gehört Maximilian Ratsch zur Carl Papst Samen und Saaten GmbH Großbeeren im Landkreis Teltow-Fläming. Dort wird er zum Außenhandelskaufmann ausgebildet. Geschäftsführer Thomas Träger lobt seinen behinderten Azubi: »Sehr pfiffig im Kopf«. Mit behinderten Lehrlingen habe sein Unternehmen gute Erfahrungen gesammelt, sie würden besonderen Ehrgeiz und besondere Sorgfalt an den Tag legen. Parallel zu Azubi Ratsch habe die Firma auch eine nicht behinderte junge Frau eingestellt. »Von der mussten wir uns aber nach drei Monaten trennen, sie war den Anforderungen nicht gewachsen«, sagt der Geschäftsführer.

Arbeitsminister Günter Baaske (SPD) unterzeichnete am Dienstag gemeinsam mit Vertretern der Bundesagentur für Arbeit und des Landesamtes für Soziales eine Vereinbarung, wonach bis 2016 maximal 65 neue betriebliche Ausbildungsplätze und 200 neue Arbeitsplätze für Menschen mit einer Schwerbehinderung gefördert werden. Finanziert wird dieses 6,5 Millionen Euro teure Programm aus der Abgabe, die jene Unternehmen zahlen müssen, welche die geforderte Behindertenquote von fünf Prozent nicht erfüllen.

Wer einem schwer behinderten Jugendlichen eine Lehrstelle anbietet, kann laut Programm mit einer Förderung von bis zu 10 000 Euro rechnen. Wenn der Behinderte nach Abschluss seiner Lehre befristet eingestellt wird, können 2 500 Euro Förderung fließen, bei Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis sogar 20 000 Euro. Eine solche Förderung kann im Landesamt für Soziales und Versorgung bis Ende 2016 beantragt werden.

Diese Vereinbarung ist laut Baaske die zweite ihrer Art, die vorangegangene Regelung sei mit 51 Ausbildungsplätzen und 226 geschaffenen Arbeitsplätze für Behinderte ein »bedeutender Erfolg« gewesen. Im Unterschied zum bundesdeutschen Durchschnitt habe Brandenburg das Programmziel vollumfänglich erreicht, so Baaske.

Von »guten Ergebnissen« sprach auch die neue Chefin der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit, Jutta Cord. Die beste Förderung sei immer noch, die Behinderten »direkt in den Arbeitsmarkt zu integrieren«.

Lehrling Maximilian Ratsch benötigt besondere technische Vorrichtungen, eine spezielle Computermaus, spezielle Tastvorrichtungen. Auch das kann mit Steuergeld gefördert werden. Zur Vereinbarung gehören besondere Beratungen der Firmen darüber, welche behinderten Jugendliche sich für sie eigenen würden, sagte die Präsidentin des Landesamtes für Soziales und Versorgung, Liane Kloeck.

Laut Baaske ist davon auszugehen, dass die gesunkene Zahl der Bewerber die Lage für Behinderte auf dem Arbeitsmarkt verbessert hat. Jedoch gebe es derzeit 6200 arbeitslose Schwerbehinderte, das seien rund fünf Prozent aller Arbeitslosen im Land. Die Arbeitslosigkeit unter Behinderten sei höher als bei nicht behinderten Menschen. Die Antworten auf Nachfragen waren wenig ergiebig, schon die Unterteilung in Behinderte, die ausbildungsfähig sind, und solche, die das nicht sind, ist nicht ohne weiteres statistisch erfasst. Die Experten bestätigten, dass auch Behinderte letztlich wie alle Menschen behandelt werden, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen.

Trotz partieller Erfolge und der beschriebenen Unterstützung scheint aber die Lage für Behinderte auf dem brandenburgischen Arbeitsmarkt weiter sehr schwierig zu sein. Zwischen den Jahren 2002 und 2008 hatte eine von Bund und Land finanzierte Aktion die Arbeitslosigkeit unter Behinderten deutlich gedrückt. Die Bundeskampagne »50 000 Jobs für Schwerbehinderte« wurde damals vom landesfinanzierten Projekt »Sonderprogramm für schwerbehinderte Frauen zur Integration auf dem Arbeitsmarkt« begleitet. Damit war es nach Angaben des Arbeitsministeriums gelungen, die Arbeitslosenzahl in der betroffenen Gruppe von 6131 auf 4747 zu senken.

Doch währte der Erfolg offenbar nur kurze Zeit. Schon 2008 stieg die Zahl der schwerbehinderten Menschen, die sich arbeitslos gemeldet hatten, auf mehr als 8000 an. Schon damals war den Ministeriumsverantwortlichen klar: »In jedem Fall können die vorhandenen Instrumente zugunsten der behinderten Menschen nur greifen, wenn Arbeitgeber verstärkt motiviert werden können, schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen«.

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