USA erwägen Militäreinsatz zur Rettung irakischer Flüchtlinge

Frankreich liefert Waffern / EU-Außenminister wollen am Freitag über Lage im Irak beraten

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Die Lage Zehntausender Flüchtlinge im Irak bleibt lebensbedrohlich. Viele sind noch immer im Sindschar-Gebirge eingeschlossen. Die USA denken deshalb über einen riskanten Vorschlag nach.

Bagdad/Washington. Im Kampf gegen die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) erwägen die USA einen Militäreinsatz zur Rettung Zehntausender Flüchtlingen im Nordirak. Im Gespräch seien ein Lufteinsatz und eine Rettungsaktion mit Bodentruppen, sagte Präsident Barack Obamas Sicherheitsberater Ben Rhodes dem Sender Fox News. Letzteres würde bedeuten, dass US-Soldaten in direkte Kampfhandlungen mit Extremisten verwickelt werden könnten.

»Wir müssen herausfinden, wie wir diese Bevölkerung an einen sicheren Ort bewegen und ihnen humanitäre Hilfe bringen können«, sagte Rhodes. Großbritanniens Premierminister David Cameron kündigte eine - zunächst nicht näher bezeichnete - »internationale Mission« zur Rettung von Jesiden im Irak an.

Jesidische Tragödie im Nordirak

Im Nordirak spielt sich ein schrechlicke Tragödie ab. Nach einem Überraschungsangriff der Kämpfer vom Islamischen Staat (IS) sind jesidische Kurden in die Bergregion von Sindschar nahe der syrischen Grenze geflohen. Ihr Schicksal ist offen, Deutschland könnte helfen. Über die Frage, wie die Hilfe aussehen soll, ist eine Debatte ausgebrochen. Mehr

Das »Wall Street Journal« berichtete am Mittwoch online, der riskante Vorschlag werde noch entwickelt und sei noch nicht von Obama genehmigt worden. Das Blatt berief sich dabei auf namentlich nicht genannte Vertreter der US-Regierung. Pentagonsprecher John Kirby bestätigte die Pläne zunächst nicht. »Es ist kein Rettungseinsatz in Arbeit«, sagte Kirby dem TV-Sender CNN. Einen Kampfeinsatz bewaffneter Bodentruppen hatte Obama mehrfach ausgeschlossen.

Die Terrorgruppe IS hatte vor rund zehn Tagen weitere Gebiete nördlich und westlich der irakischen Millionenstadt Mossul eingenommen. Nach Angaben der UN flohen nach dem erneuten IS-Vormarsch rund 200 000 Menschen vor den Extremisten. Die meisten gehören zur religiösen Minderheit der Jesiden. Zehntausende Menschen haben in den kurdischen Autonomiegebieten im Nordirak und in Syrien Zuflucht gefunden. 20 000 bis 30 000 Flüchtlinge sollen noch im kargen Sindschar-Gebirge westlich von Mossul eingeschlossen sein.

Um die Menschen aus der Luft zu retten, wäre eine umfassende Luftbrücke über mehrere Tage notwendig. Man sei deshalb auch mit anderen Ländern im Gespräch, die Unterstützung signalisiert hätten, sagte Rhodes. Darunter seien Frankreich, Großbritannien, Kanada und Australien. Ein Völkermord im Nordirak müsse verhindert werden.

Am Dienstag waren bereits 130 weitere US-Soldaten in Erbil in den kurdischen Autonomiegebieten im Nordirak eingetroffen. Sie sollen feststellen, welche weiteren Schritte beim humanitären Einsatz zum Schutz der Flüchtlinge unternommen werden können. Mit der Entsendung stieg die Zahl der im Irak stationierten US-Soldaten auf fast 1000.

US-Flugzeuge versorgten am Mittwoch erneut Zehntausende verzweifelte Flüchtlinge im Sindschar-Gebirge mit Wasser und Lebensmitteln, wie das Pentagon mitteilte. Wegen der verzweifelten Lage der Menschen verstärkte auch das Flüchtlingshilfswerk Unicef seine Hilfe für den Nordirak. Die USA hatten in den vergangenen Tagen mehrere Luftangriffe gegen IS-Stellungen in der Region geflogen.

Ein Sprecher der in Syrien ansässigen kurdischen Volksschutzeinheiten erklärte über Twitter, die Flüchtlinge im Sindschar-Gebirge seien nicht unmittelbar von Angriffen durch die Terrorgruppe bedroht. »Aber die humanitäre Lage ist schlimm, es gibt keine Nahrung, keine medizinische Hilfe und kein Wasser.« Die Volksschutzeinheiten sind mit der verbotenen türkischen Arbeiterpartei PKK verbündet und kämpfen gemeinsam mit irakischen Kurden gegen die IS-Extremisten.

Im Machtkampf in Bagdad klammert sich Ministerpräsident Nuri al-Maliki derweil an die Macht. Solange es keine Entscheidung des irakischen Bundesgerichts zur Regierungsbildung gebe, bleibe er im Amt, sagte Al-Maliki Mittwoch in einer TV-Ansprache nach Angaben der Nachrichtenseit Shafaaq News.

Iraks Präsident Fuad Massum hatte am Montag nach einem wochenlangen Machtkampf Al-Malikis Rivalen Haidar Al-Abadi mit der Regierungsbildung beauftragt. Al-Maliki nimmt das Recht jedoch für sich selbst in Anspruch und beruft sich auf seine Sieg bei den Wahlen Ende April. Er geht gegen Massums Entscheidung juristisch vor.

Frankreich liefert Waffen

Als erstes europäisches Land erklärte am Mittwoch Frankreich, die Kurden im Kampf gegen die Dschihadistengruppe Islamischer Staat mit Waffen zu unterstützen. London kündigte seinerseits am Dienstagabend an, Militärausrüstung anderer Staaten zu den Kurden zu transportieren. Die Bundesregierung will militärische Ausrüstung zur Verfügung stellen, nicht aber Waffen oder Munition.

EU-Außenminister wollen am Freitag über Lage im Irak beraten

Die Außenminister der EU-Mitgliedstaaten wollen am Freitag zu einem Sondertreffen zusammenkommen, um über den Konflikt im Irak zu beraten. Das Treffen finde in Brüssel statt, teilte am Mittwoch die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton auf dem Kurzbotschaftendienst Twitter mit. Demnach stehen bei der Sitzung auch die Konflikte im Gazastreifen und im Osten der Ukraine auf der Agenda. Wie die Nachrichtenagentur AFP aus EU-Kreisen erfuhr, soll das Treffen mittags beginnen.

Mit der Anberaumung des Treffens reagierte Ashton auf entsprechende Forderungen aus Frankreich und Italien. Diese hatten schon vor Tagen angesichts der Bitte kurdischer Kämpfer im Nordirak um Waffenlieferungen ein Sondertreffen angemahnt. Unter den Ländern der Europäischen Union gehen die Meinungen über die Ausrüstung der Kurden aber auseinander.

Agenturen/nd

dpa/nd

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