Thüringen: Niedrige Löhne, starke Identifikation
Gehälter laut Studie noch immer deutlich unter dem Bundesdurchschnitt – aber starke Bindung an den Betrieb / Zufriedenheit in Firmen mit Betriebsräten größer
Erfurt. Thüringens Beschäftigte identifizieren sich in hohem Maß mit den Unternehmen, in denen sie arbeiten, obwohl Löhne und Gehälter noch immer deutlich unter dem Bundesdurchschnitt liegen. In einer Umfrage gaben 78 Prozent an, sie identifizierten sich »sehr stark« oder »eher stark« mit ihrem jeweiligen Betrieb. Die Studie zeigt an anderer Stelle aber auch, dass sich viele Thüringer inzwischen mit niedrigen Löhnen mehr oder weniger abgefunden haben. So sind 57 Prozent der Beschäftigten davon überzeugt, sie würden nicht angemessen bezahlt. Gleichzeitig gaben aber 54 Prozent an, sie könnten von ihrem Einkommen »sehr gut« oder »gut« leben. 35 Prozent sagten, es reiche »gerade«; 12 Prozent meinten, ihr Arbeitseinkommen genüge nicht zum Leben.
Nach Ministeriumsangaben verdienen Beschäftigte in Thüringen im Durchschnitt 2.290 Euro brutto pro Monat; im Bundesschnitt sind es 3.060 Euro. Damit erreicht Thüringen in einem Ranking der Bundesländern den vorletzten Platz. In Unternehmen mit Betriebsräten oder ähnlichen Vertretungen seien die Mitarbeiter mit dem Gesundheits- und Arbeitsschutz oder auch der Altersvorsorge deutlich zufriedener als in Betrieben ohne vergleichbare Einrichtungen, unterstrich DGB-Vize Witt. So hätten 65 Prozent der Befragten in Unternehmen mit einem Betriebsrat erklärt, sie beabsichtigten nicht, die Firma zu verlassen. Bei Unternehmen ohne Betriebsrat habe der entsprechende Wert nur bei 45 Prozent gelegen.
Für den sogenannten DGB-Index »Gute Arbeit« waren 1003 Arbeitnehmer befragt worden. Thüringens Wirtschaftsminister Uwe Höhn (SPD) und der stellvertretende Vorsitzende des DGB-Bezirks Hessen-Thüringen, Sandro Witt, sprachen sich mit Blick auf die Ergebnisse unter anderem für mehr betriebliche Mitbestimmung von Arbeitnehmern aus. In der Landespolitik wurden die Ergebnisse der Studie unterschiedlich aufgenommen. CDU-Generalsekretär Mario Voigt sieht in der hohen Identifikation der Arbeitnehmer mit ihren Betrieben einen Erfolgsgaranten der Thüringer Wirtschaft. Die Grünen warfen Wirtschaftsminister Höhn dagegen vor, mit der Studie die Defizite der eigenen Politik eingeräumt zu haben. Die Untersuchung unterstreiche auch den Mangel an Mitbestimmung und Gesundheitsschutz in vielen Unternehmen, sagte die Vorsitzende der Grünen-Landtagsfraktion, Anja Siegesmund. dpa/nd
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