Der kleine Bruder der Berliner Suppenschüssel

Deutschlands größter Festlands-Findling liegt in den Rauenschen Bergen bei Fürstenwalde

  • Jörg Schreiber
  • Lesedauer: 3 Min.
Zwei riesige Steinbrocken liegen auf einem Plateau in den 153 Meter hohen Rauenschen Bergen bei Fürstenwalde. Die beiden Markgrafensteine ragen fünfeinhalb und sieben Meter in die Höhe. »Der kleine Stein ist mit einem Volumen von 180 Kubikmetern und rund 21 Metern Umfang der größte auf dem Land liegende Findling Deutschland«, sagt Diplom-Geologe Rainer Schulz vom Brandenburger Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe. Größer ist nur noch der in der Ostsee vor Rügens Küste liegende Buskam.
Der Kleine Markgrafenstein kam jetzt zu großen Ehren: Die Akademie der Geowissenschaften zu Hannover nahm den Findling in eine im Frühjahr veröffentlichte Liste der 77 bedeutendsten Geotope Deutschlands auf.
Das brachte dem Stein ein offizielles Zertifikat ein, und er wird gemeinsam mit den anderen gewürdigten Geotopen in dem gerade erschienenen Bildband »Faszination Geologie - Die bedeutendsten Geotope Deutschlands« vorgestellt. Darunter sind so bekannte geologische Denkmale wie die Kreideküste auf Rügen, der Brocken im Harz, die Saarschleife bei Mettlach oder die Insel Helgoland. In Brandenburg wurde neben dem Kleinen Markgrafenstein nur noch der eiszeitliche Muskauer Faltenbogen im Dreiländereck mit Sachsen und Polen gewürdigt.
Der Große Markgrafenstein ist dagegen nur noch der drittgrößte Findling Brandenburgs, dabei war er früher der größte in Deutschland. Doch 1827 wurde er nach Plänen des Architekten Karl Friedrich Schinkel im Auftrag von König Friedrich Wilhelm III. in drei Stücke gespalten. Der Mittelteil wurde zu einer Schale von fast sieben Metern Durchmesser verarbeitet, die bis heute im Lustgarten vor dem Alten Museum in Berlin steht und im Volksmund als »Suppenschüssel« bezeichnet wird. Der Rohling sei damals aus den Rauenschen Bergen auf Holzrollen mit Pferdekraft zur Spree gebracht und mit Lastkähnen nach Berlin transportiert worden, sagt Schulz. Aus dem zweiten Teil wurde der Steinerne Tisch gefertigt, der am Nordhang der Rauenschen Berge aufgestellt wurde. Seither liegt in den Bergen nur noch ein immer noch beachtlicher Rest des Großen Markgrafensteins mit einem Volumen von 83,5 Kubikmetern und 17 Metern Umfang. Einst waren es rund 300 Kubikmeter.
Dafür ist der Kleine Markgrafenstein größer als ursprünglich geschätzt. »Das Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe hat vor zwei Jahren noch einmal eine amtliche Vermessung vorgenommen«, erläutert Schulz. Dabei loteten die Experten mit Spaten vor allem die im Boden liegenden Teile aus. Statt der bis dahin angenommenen 102 Kubikmeter erwies sich der Findling als 180 Kubikmeter groß. Inzwischen wurden auch die Informationstafeln an den Steinen auf den aktuellen Stand gebracht.
Beide Markgrafensteine bestehen aus Karlshamn-Granit, der im Südosten Schwedens vorkommt. Von dort waren die Steine während der Eiszeiten ins norddeutsche Tiefland gelangt und beim Abschmelzen des Eises liegen geblieben. »Wir nehmen an, dass die Findlinge in der Saale-Eiszeit in das Gebiet des heutigen Deutschland kamen, die vor etwa 300 000 Jahren begann und vor rund 180 000 Jahren endete«, berichtet Schulz. Genau sei das aber nicht bekannt. Eine Altersdatierung nehmen derzeit Wissenschaftler der Universität Regensburg vor. Schulz hofft, dass es noch in diesem Jahr ein Ergebnis gibt.
Die beiden Markgrafensteine sind seit langer Zeit Naturdenkmale, die gerne aufgesucht werden. Von der Aufnahme in die Liste der bedeutendsten deutschen Geotope verspricht sich Schulz ein noch größeres Besucherinteresse. »Ich denke, dass dies auf alle Fälle eine Aufwertung ist und noch mehr Menschen angeregt werden, hierher zu kommen.« Zum Tag des Geotops kamen im vergangenen Herbst rund 500 Menschen zu den Markgrafensteinen. Der kleine Stein wiegt 477 Tonnen, der erhaltene Rest des großens Steins 221 Tonnen. ddp

Zu den Rauenschen Bergen gelangt man über die A 12, Abfahrt Fürstenwalde-West. In Fürstenwalde muss man vor der Spreebrücke links in Richtung Rauen abbiegen. Am Rande des Dorfes nahe einer Autobahnbrücke gibt es einen Parkplatz. Von dort aus ist der etwa 15-minütige Wanderweg hinauf zu den Markgrafensteinen ausgeschildert.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.