Endlich mal kein Bruderkampf mehr

Vor einer Woche starb Wolfgang Leonhard. 2006 traf sich Carsten Hübner für einen Film über die Geschichte des »Neuen Deutschland« mit dem linken Historiker in Potsdam. Leonhard hat die ersten Jahre dieser Zeitung miterlebt. Ein bisher unveröffentlichtes Gespräch über den kurzen Frühling eines politischen Neuanfangs.

Sie sind am 30. April 1945 als 24-Jähriger nach Berlin zurückgekehrt. Von Juli 1945 an waren Sie in der Abteilung Agitation und Propaganda des Zentralkomitees der KPD tätig. Ein paar Monate später kam die Vereinigung mit der SPD zur SED. Wie war das in jenen Tagen?
Leonhard: Meine Erinnerungen an diese Zeit sind außerordentlich stark. Es ist, als ob nicht Jahrzehnte vergangen wären, sondern als ob alles vorgestern geschehen ist. An jenem 21. April 1946 gingen wir um 10 Uhr zum Admiralspalast in der Berliner Friedrichstraße. Davor standen vielleicht 400, 500 Menschen. Aber die waren nicht von irgendwem dorthin beordert worden, es gab keine Betriebsdelegationen oder ähnliches. Einige waren wohl aus Neugier gekommen, einfach um zu sehen, was da los. Andere wollten uns Gutes wünschen und winkten uns zu. Endlich mal kein Bruderkampf mehr.

War das auch Ihr Eindruck von der Vereinigung von KPD und SPD?
Als wir in diesen großen Ad...


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