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Rechte Resterampe
Mehrere Landtagskandidaten der AfD haben eine aufschlussreiche Vergangenheit
Die brandenburgische Alternative für Deutschland (AfD) ist vor der Landtagswahl am 14. September darauf bedacht, sich vom Vorwurf des Rechtspopulismus reinzuwaschen. Dabei wird es der AfD sehr leicht gemacht. So schlimm könne es doch nicht sein, wenn der höchst kultivierte Alexander Gauland, der frühere Herausgeber der »Märkischen Allgemeinen Zeitung« (MAZ), dort den Frontmann gibt, heißt es oft in den Kommentarspalten.
Wer einen Blick hinter diese Fassade und auf die übrigen Kandidaten der 20-köpfigen AfD-Landesliste wirft, dem könnte Gauland eher wie der Impresario einer Truppe politischer Geisterfahrer erscheinen. Schon auf Platz 2 findet sich Rainer van Raemdonck, der zunächst von der SED zur CDU gewechselt war, dann, inspiriert von Thilo Sarrazins Thesen, in die ausländerfeindliche Splitterpartei »Freiheit« übertrat, bis er schließlich seinen derzeitigen politischen Aufenthalt in der AfD nahm.
Auch Thomas Jung (Platz 6) kann auf eine längere CDU-Karriere verweisen: von 1998 bis 2011 im CDU-Wirtschaftsrat und zeitweise auch im »Aktionsbündnis Linkstrend stoppen in der CDU«. Über einige aufschlussreiche Stationen kam auch Andreas Galau zur AfD: Bis 1987 war er in der Berliner CDU, dann folgte der Eintritt bei den frisch gegründeten und für ihren Rassismus bekannten Westberliner Republikanern, dann fühlte er sich 1992 bis 2013 in der dortigen FDP wohl. Galau träumt von einer »drastischen Mittelkürzung bei den Lieblingsprojekten linker Sozialromantik, sei es die Gender-Religion oder die Einheitsschule«
Der Kandidat Stefan Königer kämpfte einst im ostdeutschen Neuen Forum gegen den Kommunismus und setzte seitdem seinen politischen Weg über den rechtsextremen Bund Freier Bürger und die Redaktion der rechten Postille »Junge Freiheit« in die AfD fort. So besteht die AfD-Liste etwa zur Hälfte aus erfahrenen, wenn auch wenig erfolgreichen Parteiarbeitern des rechtslastigen Milieus. Auch die zuvor parteilosen Kandidaten tragen das Ihre zur Klarheit des Profils der AfD bei. Zum Beispiel Franz Wiese. Er mag keine »Windräder und Biogasanlagen«, die für ihn offenbar die Vorboten des Untergangs sind. Denn nach deren Einführung seien in »zehn Jahren … alle weg oder tot.«
Diese tiefe Abneigung teilt auch Sven Schröder. Darüber hinaus erregen auch Behinderte in normalen Schulklassen dessen kritisches Bewusstsein: »Behinderte und nichtbehinderte Schüler in einer Klasse gleichzeitig zu unterrichten … schränkt die Bedürfnisse der Leistungsträger einer Schulklasse massiv ein.«
Aus Sicht von Klaus Riedelsdorf, der sich selbst als »langjähriger CDU-Wähler« outet, ist die AfD die »letzte klar konservative Strömung in der deutschen Parteienlandschaft«. Ein guter Ort, um mit den anderen Kameraden seine »kritischen Einstellung zur Energiepolitik« zu pflegen und für die »Ablehnung des Gender-Mainstreamings« zu streiten.
Es wäre sehr ungerecht, dem AfD-Landtagswahlprogramm vorzuwerfen, diese Ansprüche in irgendeiner Weise abzuschwächen. Denn das Programm zielt immer wieder darauf ab, das Rad der Geschichte zurückzudrehen, insbesondere in der Bildungspolitik, wo es keine getrennten Haupt- und Realschulen gibt, sondern - neben den Gymnasien - Oberschulen.
»Brandenburg braucht wieder das dreigliedrige Schulsystem«, fordert Spitzenkandidat Alexander Gauland. Damit will er vor allem das rechte märkische CDU-Milieu, überhaupt möglichst viele Erniedrigte und Beleidigte des deutschen Konservatismus hinter dem Ofen hervorlocken, indem die AfD ausspricht, was diese Leute wirklich wollen. In einem offenen Brief an die »lieben CDU-Wähler« wirbt er mit vielen identitätsstiftenden Ressentiments. Wer sich vom »Mindestlohn bis zur doppelten Staatsbürgerschaft« von der realexistierenden Merkel-CDU abgestoßen fühlt, und wen die Sehnsucht nach einer christlichen Schulpolitik umtreibt, der solle bitte AfD wählen.
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