Nachtseiten des Tagwerks

Das hier Notierte gibt den Blick frei ins Refugium des Romanciers mit dem langem Atem. Es sind Schlaglichter vom Tage, intime Selbstverständigungen in Bedrängnissen aller Art, poetische Fingerübungen des Aphoristikers, den Erwin Strittmatter immer auch kultiviert. Im Ganzen ein unerschrockener Blick in den Spiegel der eigenen Autorschaft, mitsamt den Dämonen, die er in sich rumoren weiß.

Dieser zweite Tagebuchband unter dem Titel »Der Zustand meiner Welt« schlägt den Bogen von 1974 bis ins Todesjahr 1994. Wir wohnen den Vorspielen des Staatsuntergangs der DDR bei und jenem darauf folgenden unwürdigen Nachwendedilemma, in dem authentische Erinnerung unter lautstark-banalen Siegerposen West verstummte. Doch nun haben wir mit Strittmatters Tagebüchern eine wichtige Erinnerungshilfe in den Händen. Eine Kostbarkeit, weil sie wunderbar frei ist vom kleinlichen Drang, recht haben zu wollen, von jeder vordergründigen Zweckhaftigkeit ü...