IS-Belagerung durchbrochen

Kerry fordert internationale Allianz gegen »Völkermord«

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Eine wochenlang belagerte Kleinstadt im Irak konnte von Armee und Milizionären aus den Händen der Dschihadisten befreit werden. Außenminister Kerry wirbt derweil für eien internationale Allianz gegen gezielten »Völkermord«.

Bagdad. Die irakischen Streitkräfte haben den Belagerungsring um die Kleinstadt Amerli durchbrochen und dem Islamischen Staat (IS) damit eine seltene Niederlage zugefügt. Mit der Unterstützung von tausenden Milizionären und US-Luftangriffen kam die Armee am Sonntag den rund 20.000 Einwohnern zuhilfe, die wochenlang von Dschihadisten eingekesselt gewesen waren. Militärflugzeuge westlicher Staaten warfen zudem tonnenweise Hilfsgüter ab.

Der irakische General Kassem Atta sagte der Nachrichtenagentur AFP, die radikalsunnitischen Dschihadisten seien aus den Dörfern rings um Amerli verjagt worden. Ein Behördenvertreter und ein Kämpfer vor Ort bestätigten seine Angaben. Später sagte Atta im irakischen Staatsfernsehen, dass die Gefechte in der Region aber weiter andauerten.

Das mehrheitlich von schiitischen Turkmenen bewohnte Amerli wurde seit mehr als zwei Monaten von den Dschihadisten belagert, die Anfang Juni weite Teile des Nordirak in ihre Gewalt gebracht hatten. Im Falle einer Eroberung hätte den unter schwindenden Nahrungsmittel- und Trinkwasservorräten leidenden Bewohnern wegen ihres schiitischen Glaubens ein Massaker gedroht.

Nach Angaben des Pentagons warfen von den USA, Frankreich, Großbritannien und Australien losgeschickte Flugzeuge dringend benötigte Hilfspakete mit rund 40.000 Litern Trinkwasser und 7000 Mahlzeiten über der Kleinstadt ab. Zur Vorbereitung hätten US-Kampfjets Stellungen der Dschihadisten in der Nähe Amerlis sowie am Mossul-Staudamm angegriffen. Dabei seien fünf Fahrzeuge und ein Kontrollposten des IS zerstört worden. Parallel dazu rückten die irakischen Streitkräfte zusammen mit schiitischen und kurdischen Milizen auf Amerli vor.

Die US Air Force unterstützt seit Anfang August die kurdischen Milizen und die irakische Armee bei deren Versuch, die Dschihadisten im Nordirak zurückzudrängen. Eine Ausweitung der Angriffe zur Bekämpfung der IS-Kämpfer im benachbarten Syrien wird in Washington diskutiert, eine Entscheidung steht aber noch aus.

Aktivisten warfen dem Islamischen Staat derweil vor, dutzende jesidische Frauen aus dem Irak nach Syrien verschleppt und dort als Bräute an Kämpfer verkauft zu haben. Es gebe mindestens 27 dokumentierte Fälle von Frauen, die für rund tausend Dollar (760 Euro) an IS-Kämpfer verkauft worden seien, erklärte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Samstag. Insgesamt seien rund 300 Frauen und Mädchen im Irak entführt worden. Das weitere Schicksal der meisten von ihnen sei unklar.

US-Außenminister John Kerry rief zur Bildung einer weltweiten Koalition gegen den Islamischen Staat auf und bezeichnete dessen Gewalttaten in Syrien und Irak als gezielten »Völkermord«. In einem Gastbeitrag für die »New York Times« warb er für eine »gemeinschaftliche Antwort unter Führung der Vereinigten Staaten und mit dem größtmöglichen Bündnis an Nationen«. Gemeinsam mit US-Verteidigungsminister Chuck Hagel will Kerry sich beim bevorstehenden Nato-Gipfel in Wales für eine solche Allianz einsetzen.

Der Golf-Kooperationsrat verurteilt unterdessen die Gräueltaten all jener, »die den Islam als Vorwand zum Morden und Vertreiben nehmen«. Dem Rat gehören Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emiraten, Kuwait, Katar, Bahrain und der Oman an. Mehreren dieser Länder wird die finanzielle und militärische Unterstützung von Extremistengruppen im Irak und Syrien vorgeworfen. afp/nd

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