Weitere Flüchtlinge müssen Unterkünfte in Berlin verlassen

Geflüchtete harren weiter auf Dach eines Hostels aus/Stadtrat verhängt Haushaltssperre in Friedrichshain/Kreuzberg

  • Lesedauer: 3 Min.
Während es immer noch keine Lösung für die protestierenden Flüchtlinge auf dem Dach eines Hostels gibt, beschließt der Senat weiteren 31 Geflüchteten die Unterkunft zu entziehen und sie in andere Bundesländer abzuschieben.

Berlin. 31weitere Asylbewerber von der Gruppe der Oranienplatz-Flüchtlinge müssen am Mittwoch ihre Unterkünfte in Berlin räumen. Das zuständige Landesamt für Gesundheit und Soziales bestätigte am Dienstag entsprechende Berichte der »Berliner Zeitung« und der »B.Z.«. Wieder einmal werden die Argumente bemüht, dass Einzelfallprüfungen ergeben hätten, dass Berlin nicht für die Flüchtlinge zuständig sei: »Deswegen werden sie gebeten, sich in die Bundesländer zu begeben, in denen ihre Verfahren laufen«, sagte eine Sprecherin.

Andere seien zu festgelegten Terminen wiederholt nicht erschienen und würden deshalb nicht weiter unterstützt. Ob Flüchtlinge der Gruppe auch in andere europäische Länder des Schengen-Raums gehen müssen, konnte die Sprecherin nicht bestätigen. Dies sei aber möglich.

Kritik an dem Vorgehen des Landesamtes

Soziale Einrichtungen, wie die Diakonie und die Caritas, die sich seit geraumer Zeit um die Belange der Flüchtlinge kümmern, kritisieren das Vorgehen des Landesamtes schon lange. Sie werfen ihnen vor, die Einzelfallprüfungen zu spät anzukündigen, so dass sich die Flüchtlinge und deren Rechtsbeistände nicht rechtzeitig auf die Verfahren vorbereiten können. Hinzukommt das eine psychologische Betreuung für die oft traumatisierten Flüchtlinge fehlt.

Einingungspapier Oranienplatz und die Rechtsvorstellungen Henkels

Die Geflüchteten sind überrascht über das plötzliche Vorgehen der Senats, da sie für die Aufgabe des Protestcamps am Oranienplatz ein Einigungspapier unterschrieben hatten, dass ihnen eine Unterkunft in Berlin und eine wohlwollende Prüfung ihrer Fälle versprach. Sie sehen in dem Vorgehen des Landes Berlin einen Bruch dieses Papiers. Innenminister Henkel ließ vorsichtshalber diesen Vertrag juristisch prüfen. Seine Anwälte erklärten den Vertrag als ungültig, da er von der Senatorin für Arbeit, Frauen und Integration Dilek Kolat unterschrieben wurde und nicht wie notwendigerweise von Innenminister Henkel.

Refugee Protest in Friedrichshain

Einige der Menschen, die nun ausquartiert werden, schlafen in dem Hostel in Friedrichshain, auf dessen Dach etwa zehn Flüchtlinge seit Tagen ausharren, um eine dauerhafte Duldung in der Hauptstadt durchzusetzen. Auch ihnen hatte das Land vor einiger Zeit die Unterstützung entzogen und sie teilweise anderen Bundesländern zugewiesen.

Dort ist die Situation weiterhin angespannt. Die Polizei hält das Gebiet weiträumig gesperrt und versucht durch gezielte Provokationen die Flüchtlinge auf dem Dach zu zermürben. Neben dem Abstellen von Strom und Wasser und dem Verweigerung von Zugang zu Lebensmitteln, versucht die Polizei mit psychologischen Tricks auf die Geflüchteten einzuwirken. Durch Aufbauen von Sprungkissen am Montagabend durch die Feuerwehr sollte die Drohkulisse einer baldigen Räumung bezweckt werden.

Kein Geld für Flüchtlinge

Unterdessen hat der Stadtrat am Mittwoch eine Haushaltssperre für den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg verkündet - auch wegen der Kosten für das Flüchtlingsdrama an der Gerhart-Hauptmann-Schule, erklärte ein Sprecher. Nach Berechnungen des Bezirksamtes kosteten der private Wachschutz für das ehemalige Schulhaus sowie Strom, Wasser und Müllabfuhr allein im 1. Halbjahr 2014 mehr als 1,5 Millionen Euro. Bis Jahresende sollen mehr als 800 000 Euro dazu kommen. Agenturen/nd

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