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Russische Panzer auf dem Vormarsch?

  • Jürgen Amendt
  • Lesedauer: 2 Min.

Der WDR musste vor Wochenfrist einen Fehler bei der Berichterstattung über den angeblichen Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine eingestehen. Auf wdr.de hatte man am 29. August einen Text zum »Tagesgespräch« des Radiosenders WDR 5 unter der Überschrift »Russland auf dem Vormarsch?« mit einem Foto illustriert, auf dem eine russische Panzerkolonne zu sehen war. Versehen war das Bild mit dem Hinweis, es zeige »russische Kampfpanzer (...) am 19.08.2014 noch unter Beobachtung von Medienvertretern in der Ukraine«. Tatsächlich aber stammt das Bild aus dem Bilderfundus der Agentur dpa vom 19. August 2008 und zeigt den Abzug russischer Truppen aus Georgien nach Beendigung der damaligen militärischen Auseinandersetzung.

Zahlreiche Blogger unterstellten dem WDR bei der Verwendung des Bildes Absicht. Das Foto sei vom »WDR vorsätzlich benutzt (worden), um gezielt Lügenpropaganda gegen Russland betreiben zu können«, heißt es etwa auf propagandaschau.wordpress.com. Nach den Angaben dieser Internetseite wurde das Bild auch von anderen Medien zur Illustration des Ukraine-Konflikts benutzt. So habe die Online-Zeitung »Huffington Post« die Abbildung mit dem Hinweis veröffentlicht: »Hunderte russische Panzer zerstören Teile der Ukraine«.

Nachdem die - je nach Sichtweise - »Propagandalüge« (»Propagandaschau«) oder oder der »bedauerliche Fehler« (WDR) aufflog, ersetzte die Redaktion des Senders das inkriminierte Foto durch ein Bild, das einen russischen Soldaten zeigt, der aus einem Panzer schaut. Allerdings ist auch dieses Foto kein Abbild des gegenwärtigen Konflikts, wie der Blog blauerbote.com vor wenigen Tagen berichtete. Es zeige nicht die von der Ukraine behauptete Invasion russischer Truppen in die Ukraine, sondern sei im März dieses Jahres auf der Halbinsel Krim entstanden. »Die ARD ist offenbar beratungsresistent, wenn es um Nachrichten zum aktuellen Ukraine-Konflikt geht«, meint der Autor Jens Bernert.

Der WDR entfernte auch dieses Foto von seiner Internetseite. »Der Austausch des Bildes mit einem Motiv aus dem März 2014 zum gegenwärtigen Ukraine-Konflikt hat leider zu Schlussfolgerungen geführt, die nicht von uns intendiert waren«, entschuldigte sich die Redaktion. Allerdings verwies man auch darauf, dass das Bild zwar nicht die aktuelle Wirklichkeit zeige, aber durchaus zum Symbolbild des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine tauge. »Es ging um den Ukraine-Konflikt in seiner Gesamtheit. Somit ist das Bild nicht aus dem Kontext gerissen«, twitterte die Redaktion.

Am neuen Bild gibt es indes nichts auszusetzen. Es ist wahrhaftig und wirklichkeitsäquivalent: Es zeigt den Studiogast vom 29. August, den WDR-Korrespondenten des WDR in Moskau, Hermann Krause.

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