Ebolaforschung im Hochsicherheitstrakt

Marburger Wissenschaftler testen Blutproben in Verdachtsfällen und die Wirksamkeit möglicher Impfstoffe

  • Marco Strehler, Marburg
  • Lesedauer: 3 Min.
Mehr als 2000 Menschen sind in Westafrika an Ebola gestorben - und die Epidemie hält an. Im hessischen Marburg wird in einem der modernsten Hochsicherheitslabors der Welt an dem Virus geforscht.

Die Labormitarbeiterin mit der Pipette in der Hand sieht in ihrem gelben Vollschutzanzug wie eine Astronautin aus. Ein schwarzer Schlauch verbindet sie mit einem Anschluss an der Wand, der sie mit Frischluft versorgt. Überdruck im Anzug verhindert, dass Partikel von außen eindringen. So sieht es aus, wenn Mitarbeiter des Hochsicherheitslabors an der Universität Marburg Virenerbgut aus der Blutprobe eines Ebolaverdachtsfalls sichern.

Das Labor ist eines von nur drei in Deutschland, das die Anforderungen der höchsten Sicherheitsstufe BSL 4 erfüllt. Ein weiteres gibt es in Hamburg, das dritte auf der Insel Riems. Ein viertes entsteht derzeit in Berlin. Nur hier darf mit hochansteckenden Viren gearbeitet werden, für die es noch keine wirksamen Medikamente oder Impfstoffe gibt. An deren Entwicklung sind die Forscher beteiligt. Prof. Stephan Becker, Leiter des Marburger Instituts für Virologie, könnte demnächst eine Studie zur Wirkung eines vielversprechenden Ebola-Impfstoffes durchführen. »Die Voraussetzungen dafür wären hier bei uns ideal«, sagt er.

Es geht um das in Kanada entwickelte Vakzin VSV-EBOV. Solche Impfstoffe könnten vorbeugend verhindern, dass sich Menschen mit Ebola infizieren - ähnlich wie zum Beispiel ein Grippeimpfstoff. Die US-Gesundheitsinstitute (NIH) kündigten Ende August gleich mehrere Studien zu verschiedenen Impfstoffen am Menschen an, die im Herbst anlaufen sollen. Zusammen mit einem Pharmakonzern starteten sie erste Tests an etwa 20 Teilnehmern. An Schimpansen wurden einige Stoffe schon erfolgreich getestet.

Nicht nur für die Forschung, auch für Diagnosen ist das Marburger Labor wichtig. Sollte am internationalen Drehkreuz Frankfurt ein Reisender ankommen, der Ebola-Symptome wie Fieber, Durchfall und Erbrechen zeigt, würde er zunächst an der Uniklinik Frankfurt isoliert. Bestätigt sich ein Kontakt zu eventuell infizierten Menschen, etwa in Liberia oder Guinea, bringt die Feuerwehr Blut- und Speichelproben nach Marburg.

»Die Arbeit, die wir hier machen, ist sicher«, betont Becker. Vier Sicherheitsschleusen müssen die Mitarbeiter passieren, um in das Labor oder herauszukommen. Die Anzüge werden vor und nach der Arbeit in einer chemischen Dusche desinfiziert, die technische Ausstattung des Gebäudes muss besondere Standards erfüllen, alle wichtigen Versorgungsgeräte sind doppelt vorhanden.

Seit dem Ausbruch der Epidemie seien immer mindestens drei Mitarbeiter des Labors in Rufbereitschaft, um eine Probe untersuchen zu können, sagt Laborleiterin Olga Dolnik. Zweimal wurden sie seit dem Auftreten der ersten Fälle in Westafrika tätig, in beiden Fällen bestätigte sich der Verdacht nicht. Man könne innerhalb von sechs bis acht Stunden nach der Einstufung eines Patienten als Verdachtsfall eine sichere Diagnose liefern, sagt die Humanbiologin.

Die Marburger schicken zudem regelmäßig Mitarbeiter nach Westafrika, die mit anderen europäischen Wissenschaftlern vor Ort bei Diagnosen helfen und einheimische Mitarbeiter schulen. Das sei wichtig, denn nur die Einheimischen selbst könnten die Epidemie besiegen. »Die Menschen müssen selbst verstehen, dass sie sich an die Quarantänemaßnahmen halten müssen«, sagt Becker.

Außerdem trage man mit der Forschung dazu bei, dass sich eine Infektionskrankheit in Deutschland nicht so schnell ausbreiten könnte, weil Strategien für den Ernstfall entwickelt wurden. Je stärker Ebola in Westafrika wüte, desto wichtiger werde das, denn umso wahrscheinlicher werde, dass irgendwann ein infizierter Fluggast in Deutschland ankomme. dpa/nd

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