Gysi: »Lassen Sie den Maut-Quatsch«
LINKEN-Fraktionschef befürchtet Haushalt, »der alles, was wichtig ist, verschiebt oder auslässt«
In der Generaldebatte zum Bundeshaushalt 2015 hat LINKEN-Fraktionschef Gregor Gysi den Kurs der großen Koalition scharf kritisiert. »Für ein sehr zweifelhaftes Denkmal verzichten Sie auf alles, was Zukunft ausmacht«, sagte Gysi am Mittwoch im Bundestag an die Adresse von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihre Regierung gerichtet. Der Haushaltsplan für 2015 sieht zum ersten Mal seit 1969 keine neuen Schulden vor.
Der Preis sei ein Haushalt, »der alles, was wichtig ist, verschiebt oder auslässt«, sagte der LINKEN-Politiker. Gebraucht würden Investitionen in Bildung, Kitas, Infrastruktur oder digitale Netze. Gysi bekam als Oppositionsführer im Bundestag als erster Redner das Wort in der Beratung über den Etat des Bundeskanzleramts, die traditionell zur Generalaussprache über die Regierungspolitik genutzt wird.
Gysi warnte davor, Investitionen zu privatisieren und dem Staat seine Zuständigkeit für Energie- und Wasserpreise, Krankenhäuser oder Bildung zu nehmen. Auch in Deutschland sei eine zunehmende »Entstaatlichung« zu befürchten. Das oberste Zehntel der Gesellschaft interessiere sich nicht mehr für den Staat und bestimmte Teile des unteren Viertels seien nicht mehr zu erreichen, was sich etwa an den niedrigen Wahlbeteiligungen zeige.
»Wir müssen erreichen, dass die gesamte Gesellschaft wieder am gesellschaftlichen Leben teilnimmt«, sagte Gysi. Angesichts der immer weiter auseinandergehenden Schere zwischen Arm und Reich »brauchen wir endlich eine Millionärssteuer in der EU«, forderte er. »Wir müssen die Umverteilung von unten nach oben stoppen und eine von oben nach unten einleiten.«
Der LINKEN-Fraktionschef forderte die Regierung zudem auf, ihre Pläne für eine Pkw-Maut zu beerdigen. »Lassen Sie den ganzen Quatsch mit der Maut. Das bringt nichts liebe CSU, packen Sie die einfach weg«, sagte Gysi. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) unterstellte er, die Bundesstraßen verkaufen zu wollen, um neue Einnahmen zu generieren.
Dann würden auch Länder und Kommunen am Ende ihre Straßen verkaufen. »Ich weiß ja gar nicht, wie viele Mauts wir dann überall bezahlen müssten.« Wenn das passieren würde, versprach Gysi, werde er mit allen Mitteln versuchen, die Straße zu kaufen, in der Schäuble wohne. »Dann wird das sehr teuer für Sie, wenn Sie nach Hause wollen.« Er würde zudem die Straße umbenennen. Es wäre für Schäuble äußerst peinlich, wenn er schreiben müsse, dass er »Zum Gysi Nummer 1« wohne. dpa/nd
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