Thomaskirche gewährt Flüchtlingen weitere Nacht Asyl

Humanitäre Situation in der Kirche schlecht / Räumung durch Polizei ausgeschlossen / Unterkünfte gesucht

  • Lesedauer: 3 Min.
Die Gemeinde der von Flüchtlingen besetzten Thomaskirche in Kreuzberg will die Asylbewerber nicht dauerhaft beherbergen. Allerdings dürften alle bis Sonnabend bleiben. Wie es dann weitergeht, ist unklar.

Update 16.30 Uhr: Leises Aufatmen unter den Flüchtlingen in der besetzten Kreuzberger Thomaskirche. Wie die Gemeinde offenbar in einer Sitzung am Nachmittag entschied, dürfen die Asylsuchenden eine weitere Nacht bleiben. Die Gemeinde wolle in der Zwischenzeit bei der Suche nach einer neuen Unterkunft helfen.

Berlin. Die Gemeinde der Thomaskirche in Berlin-Kreuzberg will die Besetzung durch Flüchtlinge nicht hinnehmen. »Ein Aufenthalt der Flüchtlinge und Aktivisten in der Kirche über die vergangene Nacht hinaus ist unmöglich«, teilte der Gemeinderat der Kirche am Mariannenplatz am Freitag mit. Es gebe keine sanitären Anlagen, der Kirchraum lasse sich auch nicht zum Wohnraum umgestalten. Zudem sei die Lage »absolut unübersichtlich«, es gebe keine Ansprechpartner. »So wurden bereits der Aufgang zur Empore, die Glöckner-Stube sowie der Zugang zum Heizungskeller aufgebrochen, ohne dass hierfür jemand Verantwortung übernommen hätte.« Man suche eine friedliche Lösung.

Am Donnerstagabend hatten Flüchtlinge sowie Unterstützer das Gotteshaus besetzt. Die Flüchtlinge waren vor einiger Zeit vom Berliner Senat auf die Straße gesetzt worden, da Berlin sich trotz eines Abkommens nicht für die Geflüchteten zuständig sah. Viele verloren durch das Vorgehen des Senats ihr Obdach. Um auf die Missstände in der europäischen Flüchtlingspolitik aufmerksam zu machen und um an der unmenschelichen Situation etwas zu ändern, suchten etwa 120 Menschen Zuflucht in einer Kreuzberger Kirche.

Die Gemeinde der von Flüchtlingen besetzten Kirche ist mit der Situation überfordert. Ein Aufenthalt der Flüchtlinge und Aktivisten in der Kirche über die letzte Nacht hinaus sei nicht möglich, erklärte die Gemeinde bereits am Freitagvormittag in einer Stellungnahme. Eine Räumung des Gotteshauses durch die Polizei werde derzeit aber ausgeschlossen. Jedoch sei ein Daueraufenthalt in der Kirche für alle Beteiligten unzumutbar und löse das Grundproblem der Flüchtlinge nicht. »Wir benötigen dringend Unterstützung und fordern die Kirchenleitung auf, sich gemeinsam mit uns um eine friedliche Lösung zu bemühen«, hieß es weiter. Die Gemeinde fordert vom Berliner Senat und dem Bezirk, ihren Pflichten »unverzüglich nachzukommen«.

Die Mitglieder des Gemeindekirchenrats sowie die Pfarrerin der St. Thomas-Kirchengemeinde, Claudia Mieth, betonten, dass sie das Anliegen der Menschen nach einer Unterkunft unterstützen und sie den Wunsch nach einem Bleiberecht verstehen. Dennoch kritisierten die Gemeindevertreter, dass trotz mehrerer Gesprächsrunden die Aktivisten und Unterstützer der Flüchtlinge nicht bereit waren, die Kirche friedlich zu verlassen.

Rund 100 Menschen halten seit Donnerstagabend die St. Thomaskirche nach eigenen Worten besetzt. Kirchengemeindeglieder hatten zugestimmt, dass obdachlose Flüchtlinge für eine Nacht in dem Gotteshaus bleiben könnten. Zu keiner Zeit sei es allerdings möglich gewesen festzustellen, wie viele Flüchtling tatsächlich einen Schlafplatz benötigen. Die Schätzungen schwankten zwischen zehn und 30 Menschen, hieß es in der Stellungnahme weiter.

Anders gestaltet sich hingegen die Lage in der ebenfalls in Berlin-Kreuzberg befindlichen evangelischen Heilig-Kreuz-Passionsgemeinde. Dort übernachten bis auf weiteres die neun Flüchtlinge aus der Gürtelstraße, die das Dach des ehemalige Hostels tagelang besetzt hielten, bis sie aus Erschöpfung aufgeben mussten. Pfarrer Peter Storck gewährt ihnen seitdem Kirchenasyl.

Agenturen/nd

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