Erfolg für Pistorius
Sprinter aus Südafrika verurteilt, aber auf Kaution frei
Oscar Pistorius ist in zwei Anklagepunkten schuldig gesprochen geworden. Nach einem spannungsreichen zweiten Urteilsverkündungstag verurteilte ihn das Gericht wegen fahrlässiger Tötung seiner Freundin Reeva Steenkamp und wegen fahrlässigem Waffengebrauch in der Öffentlichkeit. Ob und wie lange der Leichtathlet deswegen im Gefängnis sitzen wird, entscheidet sich allerdings erst Mitte Oktober.
Zu Beginn des zweiten Urteilsverkündungstages zeigte sich Pistorius ruhiger und optimistischer als zuvor, denn der erste und härteste Anklagepunkt des vorsätzlichen Mordes war bereits am Donnerstag vom Tisch. Die Familie der verstorbenen Steenkamp dagegen sprach davon, bisher enttäuscht zu sein.
Richterin Thokozile Masipa wiederholte ihre Aussage vom Vortag, dass Pistorius aus Mangel an Beweisen nicht des Mordes schuldig sei: »...es kann nicht gesagt werden, dass er vorhersah, dass die Verstorbene oder jemand anderes getötet werden könnte, als er die Schüsse auf die Badezimmertür abgab.« Als Masipa weiterhin anführte, dass der Läufer nichtsdestotrotz fahrlässig gehandelt habe und sich damit für fahrlässige Tötung verantworten müsse, war Pistorius sichtlich überwältigt, wandte sich aber nicht seiner Familie zu, sondern starrte weiterhin geradeaus.
Die Anwälte beider Seiten sprachen sich darüber aus, ob Pistorius bis zu der Verlesung der Strafe, die später auf Mitte Oktober verlegt wurde, auf Kaution freigelassen werden sollte. Richterin Masipa entschied für den Angeklagten. Pistorius wird bis zur Strafverkündung weiterhin bei seinem Onkel leben.
Viele sind mit dem Urteil unzufrieden. Generell herrscht die Meinung, dass die Richterin Pistorius nicht von dem Mord an einem potenziellen Einbrecher hätte freisprechen sollen. Die Familie der Getöteten erklärt, sie habe nicht bekommen, was sie verdiene. Südafrikas Nationale Strafverfolgungsbehörde erwägt, nach der Strafverkündung in Berufung zu gehen.
Obwohl Pistorius nun für eine geringere Straftat verurteilt wurde, könnte ihn noch immer eine Haftstrafe von bis zu 15 Jahren erwarten. Allerdings könnte Masipa auch entscheiden, die Strafe aufzuheben oder lediglich eine Geldstrafe zu erheben.
Masipa hatte den Tag mit der Verlesung der anderen Anklagepunkte, die sich auf Waffendelikte des Athleten beziehen, begonnen. Zunächst beschrieb sie ein Ereignis vom 30. No-vember 2012, bei dem Pistorius angeblich durch das Sonnendach eines Fahrzeuges schoss. »Die Beweislage entspricht nicht dem geforderten Standard für eine Verurteilung in diesem Anklagepunkt«, begründete sie.
Der dritte Anklagepunkt beschäftigte sich mit einem Ereignis vom 11. Januar 2013. Pistorius soll in dem überfüllten Johannesburger Restaurant »Tasha’s« eine Waffe abgefeuert haben, deren Kugel nur knapp einen seiner Freunde verpasste. Im vierten Anklagepunkt, der sich auf den illegalen Besitz von Munition bezieht, sprach die Richterin Pistorius frei.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.