Schlachthäuser zu Tofumanufakturen

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Kurz vor dem Weltvegetariertag am 1. Oktober kündigen McDonalds und der Wursthersteller Rügenwalder die Einführung tierfreier Produkte an. Doch einigen Veganern dürfte diese Entwicklung nicht schmecken.

Ein Besuch bei der Fast-Food-Kette mit dem großen goldenen »M« als Markenzeichen war für Veganer bisher genauso wahrscheinlich wie ein Einkauf an der Fleischtheke beim Metzger des Vertrauens: unmöglich. Doch wie McDonalds der »Huffington Post« nach dem Aufkommen erster Gerüchte bestätigte, lässt der Konzern in Österreich derzeit von einem Marktforschungsinstitut verschiedene vegetarische und vegane Produkte testen, worunter sich laut des »Kurier« mindestens auch ein veganer Burger befinden soll. Was davon am Ende tatsächlich ab 2015 in den österreichischen Filialen landet – für Deutschland ist derzeit noch keine Einführung geplant – ist bisher noch völlig offen.

Deutlich konkreter wird da schon Christian Rauffus, Geschäftsführer und Mitinhaber der deutschen Wurstherstellers Rügenwalder Mühle. Im Interview mit der »Welt am Sonntag« verriet der 61-Jährige, dass das mittelständische Unternehmen derzeit mit vegetarischen Produkten, wie fleischlose Mortadella und Frikadellen auf der Basis von Hühnereiern und Rapsöl, experimentiere. Auch vegane Produkte könne sich Rauffus vorstellen, zumal es auf dem Markt mit Herstellern wie Topas (»Tofu – Pasta – Seitan«) längst Produzenten gibt, die seit Jahrzehnten Erfahrungen mit rein pflanzlichen Fleischersatzprodukten sammeln und die entsprechenden Rezepturen für Rügenwalder somit nur noch eine Frage der Zeit sein dürften. Die Ziele sind hoch angesetzt: »Innerhalb der nächsten fünf Jahre wollen wir mindestens 30 Prozent unseres Umsatzes mit vegetarischen Produkten erzielen. Das Geschäft soll eine tragende Säule des Unternehmens werden«, sagt Rauffus, der aus seiner Firmenphilosophie, nicht an der Verarbeitung von Fleisch zu hängen, schon länger kein großes Geheimnis machte.

Sicher ist: Die Nachfrage nach vegetarischen und veganen Lebensmitteln dürfte in den kommenden Jahren weiter wachsen, denn immer mehr Menschen entscheiden sich für eine tierfreie Ernährung, wie aus einer aktuellen Erhebung des Marktforschungsinstitutes YouGov hervorgeht. Inzwischen sollen Veganer mit 900.000 Menschen rund 1,1 Prozent der Bevölkerung stellen. Vor wenigen Jahren waren es nicht einmal halb so viele. Zählt man die für Unternehmen wie Rügenwalder und McDonalds als Kundschaft interessanten vier bis sieben Millionen Vegetarier (je nach Zählweise) hinzu, ergibt sich daraus ein Markt, der für Lebensmittelhersteller zunehmend lukrativ wird.

Doch genau an dieser Anpassung aus einer Verwertungslogik heraus stoßen sich vor allem ethisch motivierte Veganer aus der alternativen Szene, denen es um mehr geht, als den schlichten Verzicht auf Fleisch, Milch, Eier und andere tierische Produkte: Ein globaler Konzern wie McDonalds ist mehr als ein simpler Burgerbrater mit Tausenden Filialen von New York bis Tokio. Wer in der Fast-Food-Kette einen – wenn auch veganen Burger verspeist – lässt den Kapitalismus seinen Gaumen kitzeln und isst vielleicht kein Rind, aber sehr wahrscheinlich noch die kleinbäuerlichen Ackerflächen des Südens. Eben da, wo die Produktion in Zukunft für Konzerne billig sein wird und sich Profite maximieren lassen. Wer da gleichermaßen an das Leben von Tier und Mensch denkt, bekommt zurecht ein flaues Gefühl im Magen und liegt gleichzeitig falsch.

Statt »Nieder mit den Schlachtfabriken« sollte der Leitgedanke besser »Schlachthäuser zu Tofumanufakturen« heißen. Denn was bringt dem eifrigsten veganen Kapitalismuskritiker eine Welt, in der er vielleicht eines unbestimmten Tages die Mehrheit gegen wirtschaftliches Wachstumsdenken organisiert hat, aber dann in den Schlachthäusern steht und mit den Blut verschmierten Anlagen nichts anfangen kann, weil die Industrie noch immer nach den alten Rezepturen Tiere zu Nahrungsmitteln verarbeitet. Schwein, Huhn und Rind können mit dem Sterben sicher nicht warten und bis dahin auf Gnade hoffen, wenn irgendwann der Kapitalismus am Ende ist. Bis dahin ist jeder vegane Burger mit dem goldenen »M« vielleicht nicht das Ideal, aber immerhin ein Anfang.

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