Die AfD und das Problem Rechtsaußen
Er könne nicht in die Köpfe gucken, sagt der Landesvorsitzende. Ein Blick ins Internet hätte genügt
Nach ihrem Wahlerfolg in Brandenburg strotzte die Alternative für Deutschland (AfD) vor Selbstvertrauen. »Wir werden schon dafür sorgen, dass wir nicht in Vergessenheit geraten«, hatte Landeschef Alexander Gauland vor zwei Wochen gesagt. Da war seine Partei gerade - wie in Sachsen und Thüringen auch - mit einem starken Ergebnis in den Brandenburger Landtag eingezogen. Bis jetzt hält Gauland Wort. Die AfD dominiert die Schlagzeilen, aber weniger mit Politik als vielmehr durch Fehltritte und Querelen ihrer Abgeordneten.
Zuerst steckte der AfD-Mann Stefan Hein dem »Spiegel« Interna. Gauland wolle missliebige Abgeordnete dazu bewegen, ihr Mandat niederzulegen, meldete das Nachrichtenmagazin daraufhin. Der Parteichef dementierte. Hein, der Gaulands Stiefsohn ist, legte sein Mandat danach selbst nieder - »aus persönlichen Gründen«, wie er sagte. Für Hein rückte Jan-Ulrich Weiß nach. Der 39-Jährige machte vor allem wegen Vorwürfen, eine antisemitische Karikatur auf Facebook veröffentlicht zu haben, von sich reden. Die Fraktion schmiss Weiß in einer Krisensitzung raus. Doch der Landwirt kündigte laut AfD an, sein Mandat trotzdem wahrnehmen zu wollen. Die AfD-Landtagsfraktion schrumpft damit von elf auf zehn Sitze, noch bevor das Parlament zu seiner ersten Sitzung zusammenkommt. »Unsere schlimmsten Befürchtungen bestätigen sich jetzt«, erklärte SPD-Fraktionschef Klaus Ness. Die AfD ziehe auch Rechtsextreme an und biete diesen eine Plattform.
Kritik kommt auch vom Zentralrat der Juden in Deutschland: »Judenhass gehört nicht in die Politik, sondern geächtet. Gerade eine neue Partei wie die AfD wäre gut beraten, sich glaubwürdig an diesen Grundsatz deutscher Politik zu halten«, sagte Präsident Dieter Graumann der »Bild am Sonntag«.
Der Publizist und ehemalige Zentralrats-Vizepräsident Michel Friedman machte AfD-Bundeschef Bernd Lucke mitverantwortlich für diese Tendenzen: »Lucke scheint blind und taub zu sein, wenn die AfD rechtspopulistisch brüllt. Wenn der Parteichef sich nicht endlich klar und glaubwürdig gegen rechte Tendenzen wehrt, muss er sich genau diesen zurechnen lassen.«
Hätte Gauland es nicht besser wissen müssen? »Wir können einem Menschen nicht in den Kopf gucken«, wiederholte er mehrmals. Im Fall Weiß hätte auch ein Blick auf dessen Facebook-Seite gereicht.
Als Abgeordneter würde der 39-jährige Weiß in den nächsten fünf Jahren fast eine halbe Million Euro bekommen. Er hat sich selbst noch nicht zu Wort gemeldet. Spekulationen zufolge könnte er sich der NPD anschließen. Auf die Frage, ob er der neofaschistischen Partei in diesem Falle nicht den Einzug ins Parlament durch die Hintertür ermögliche, sagte Gauland: »Wenn er wirklich der NPD beitreten sollte oder wie auch immer, dann wäre das in der Tat etwas, was ich zutiefst zu bedauern hätte, aber ich kann mir auch dazu keine Schuld zurechnen.« dpa
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