Erste Landtagspräsidentin

SPD-Fraktion nominiert einstimmig ihre Abgeordnete Britta Stark

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 4 Min.
Erstmals soll in Brandenburg der Posten des Landtagspräsidenten mit einer Frau besetzt werden - und es soll künftig zwei Stellvertreter geben, wovon die LINKE profitiert.

Erstmals soll es in Brandenburg keinen Landtagspräsidenten, sondern eine Landtagspräsidentin geben. Die SPD nominierte am Dienstag einstimmig ihre Abgeordnete Britta Stark für das Amt. Die LINKE darf sich freuen, weil es einen zweiten Vizepräsidenten geben soll.

Die Nominierung von Britta Stark »lag auf der Hand«, sagte SPD-Fraktionschef Klaus Ness am Dienstag. Mit kurzer Unterbrechung sei Britta Stark seit 1990 Mitglied des Landtags, es gebe nicht mehr viele Abgeordneten »der ersten Stunde« im neuen Parlament. Sie beherrsche die parlamentarische Arbeit »aus dem FF«, setzte Ness hinzu.

Mit Britta Stark würde es im zweiten Anlauf endlich gelingen, den Posten des Parlamentspräsidenten mit einer Frau zu besetzen. Denn schon vor zehn Jahren sollte die SPD-Abgeordnete Martina Gregor, inzwischen Ehefrau von Klaus Ness, auf Vorschlag des damaligen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck Landtagspräsidentin werden. Damals folgte die SPD-Fraktion jedoch nicht Platzecks Ansinnen. Sie entschied sich stattdessen dafür, dem Abgeordneten Gunter Fritsch das protokollarisch höchste Amt im Lande zuzuerkennen, dass er noch ausübt, aber nun abgibt. Ebenso wie Martina Gregor-Ness gehört Gunter Fritsch dem neuen Landtag nicht mehr an.

Britta Stark hatte bei der Landtagswahl am 14. September dem Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (LINKE) mit einem hauchdünnen Vorsprung von acht Stimmen seinen Wahlkreis im Barnim abgenommen.

Sie biete allen Fraktionen Gespräche an, sagte Britta Strak gestern bei ihrer Vorstellung als Kandidatin. Dieses Angebot gelte auch für die AfD, bestätigte sie auf Nachfrage. Über die Nominierung freue sie sich sehr, sie sei »stolz« darauf. Ihr Ziel sei es, Intoleranz die Tür zu weisen, weiterhin im Parlament einen »kulturvollen Umgang« zu erhalten, die Rechte der Abgeordneten und die Rolle des Parlaments zu stärken. Der Landtag müsse »auf Augenhöhe« mit der Regierung handeln.

Ness dankte dem scheidenden Landtagspräsidenten Fritsch für sein Engagement gegen Rechtsextremismus und sein beharrliches Streben, Traditionslinien der Demokratie in Erinnerung zu rufen. Als Beispiel nannte Ness die am Dienstag enthüllte Büste des SPD-Politikers Otto Braun, des letzten preußischen Ministerpräsidenten vor der Machtübernahme durch die Faschisten. Das Kunstwerk soll neben dem Potsdamer Landtagsschloss seinen Platz finden.

Ein »unwürdiges Hickhack« soll soll nach Angaben von Klaus Ness beendet werden, indem der Landtag zwei Parlamentsvizepräsidenten wählt - ein Vorschlag, den die oppositionellen Grünen unterstützen. Bislang gab es nur einen Stellvertreterposten, der traditionsgemäß der zweitstärksten Fraktion zugestanden hat. Begünstigt durch die Veränderung wäre die Linksfraktion, aus deren Reihen die bisherige Landtagsvizepräsidentin Gerrit Große stammt. Denn seit der jüngsten Landtagswahl ist die LINKE nur noch drittstärkste Fraktion und hätte damit ihren Anspruch auf den Posten verwirkt. Sie würde nach der alten Regelung leer ausgehen. Als die PDS Opposition war, hat sie den zweiten Stellvertreter gefordert, als die CDU Opposition wurde, hat sie den Posten für sich reklamiert. »Das muss ein Ende haben«, sagte Ness. Er gab bekannt, dass diese Entscheidung den Steuerzahler 137 000 Euro pro Jahr kostet, denn zu finanzieren sind Zuschläge für den zusätzlichen Vizepräsidenten, ein Dienstfahrzeug und ein extra Büro. Für die Arbeitsfähigkeit des Parlaments sei das eine sinnvolle Ausgabe, meinte Ness. Die gefundene Lösung könne dabei helfen, »eine gute Atmosphäre« im Parlament herzustellen.

Die künftige Landtagspräsidentin Stark wurde 1963 in Bernau geboren. Sie ist verheiratet und hat zwei Töchter. Ihre berufliche Laufbahn als Maschinenteilkonstrukteurin begann sie 1979 in der Betriebsakademie des Schwermaschinenkombinates »Ernst Thälmann«. Sie trat im Dezember 1989 der ostdeutschen Sozialdemokratie bei und wurde im Prozess der deutschen Wiedervereinigung Beauftragte der Bundesregierung für den Bezirk Frankfurt (Oder). Vor einigen Jahren gelang es der SPD nicht, Stark als Präsidentin des Landesrechnungshofs zu installieren. Am Dienstag sagte Stark zu dieser Geschichte, sie habe das nicht als Scheitern empfunden, das Leben halte Höhen und Tiefen bereit und sie fordere von sich selbst, mit Niederlagen professionell umzugehen.

Nachgesagt wird Stark ein gutes Verhältnis zum Landtagsabgeordneten Christoph Schulze, der die SPD verlassen hat und diesmal für die Freien Wähler ins Parlament eingezogen ist. Die drei Abgeordneten der Freien Wähler wünschen sich den Fraktionsstatus, doch laut Gesetz sind dafür vier Abgeordnete erforderlich. »Irgendwo muss man eine Grenze ziehen«, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Ness. Britta Stark ergänzte, die Rechte der Abgeordneten in Brandenburg seien schon heute vergleichsweise weit gefasst, man müsse den Status Gruppe oder Fraktion bereden.

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