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Nicht mehr streng geheim

Susanne Meinl und Bodo Hechelhammer über die BND-Zentrale Pullach

  • Klaus Eichner
  • Lesedauer: 3 Min.

Anfang der 1980er Jahre bestellte der Leiter der HVA einige Offiziere der Abteilung Gegenspionage zu sich. Im »Westfernsehen« war eine Reportage über das BND-Objekt in Pullach angekündigt worden. Aber der Informationswert war äußerst gering. Die Journalisten hatten von der Isartal-Bahn aus einige Aufnahmen vom Objekt gemacht, das brachte etwas mehr Einblick als von der Straße aus - aber das war auch schon alles.

Da ist diese neue Publikation schon wesentlich aussagekräftiger. Sie ist offensichtlich Teil der vom neuen BND-Präsidenten Gerhard Schindler angeordneten »Transparenzoffensive«, in deren Rahmen an seit Jahren öffentlich bekannten BND-Objekten nun noch entsprechende Schilder angebracht werden.

»Geheimobjekt Pullach« behandelt die Geschichte der in den 1930er Jahren geschaffenen Rudolf-Heß-Siedlung - geplant als Mustersiedlung für leitende NSDAP-Funktionäre, dann zeitweilige Nutzung nach 1945 durch die US-Besatzungsmacht als Zentrale ihrer Zensurbehörde für Deutschland und schließlich Übergabe an die Organisation Gehlen (ORG), ab 1956 Bundesnachrichtendienst.


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* Susanne Meinl/Bodo Hechelhammer: Geheimobjekt Pullach. Von der NS-Mustersiedlung zur Zentrale des BND. Ch. Links Verlag. 288 S., geb, 34,90 €.


Für historische Forschungen sind die Angaben über die erste Generation der Mitarbeiter der ORG und ihre Lebensumstände in diesem Objekt interessant. Es fällt jedoch auf, dass Bodo Hechelhammer es vermeidet, die Belastungen der Gründergeneration des BND durch ihren Anteil an den Kriegsverbrechen der Faschisten zur erwähnen. Erst im Zusammenhang mit der Behandlung des Spionagefalles Heinz Felfe werden einige Hintergründe erwähnt. Dabei ist die von Professor Hechelhammer geleitete Historikerkommission u. a. beauftragt, gerade solche Zusammenhänge öffentlich zu machen.

Mit der Enttarnung von Felfe als bedeutendem KGB-Spion im BND 1961 (er war der Leiter des Bereiches Gegenspionage im BND zur Abwehr von Spionageangriffen des KGB gegen den BND) begann eine kurzzeitige Aufklärung und Dokumentierung von durch Nazi- und Kriegsverbrechen belasteten BND-Mitarbeitern. Es entstand die »Dienststelle 85« zur Sammlung derartiger Angaben. Offiziell mussten 71 BND-Mitarbeiter wegen »starker NS-Belastung« aus dem Dienst ausscheiden.

Kommentarlos werden die BND-Residenten im Apartheid-Regime Südafrika oder im faschistischen Franco-Spanien als Bewohner der Siedlung erwähnt. Es finden sich sodann noch weitere unkritische Erwähnungen von politisch höchst brisanten Fakten. So führte Gehlen eine Sonderkartei über herausgehobene Persönlichkeiten der Bundesrepublik Deutschland, die erst 1969 aufgelöst wurde. Die Arbeit mit einer solchen Kartei widersprach dem gesetzlichen Auftrag des BND, der keine Inlandsaktivitäten durchführen sollte. Sie stand im Zusammenhang mit den antikommunistischen Wahnvorstellungen Gehlens, die Bundesrepublik sei in ihren Spitzen immer noch von unentdeckten Quellen der »Roten Kapelle« durchsetzt.

Die Ereignisse der Jahre 1989/90 streiften auch - aber nur kurz und ohne Wirkung - die Gemeinde Pullach und die BND-Zentrale. Die Grünen und eine Bürgerbewegung organisierten am 10. März 1990 eine Demonstration gegen die mauerbewehrte BND-Liegenschaft unter der Losung »Die Mauer muss weg«. Es gab auch Forderungen, den BND in einen »Umweltdienst« umzuwandeln. Immerhin 150 Demonstranten umrundeten einmal das Objekt - damit war der Demokratiebewegung gegen den BND Genüge getan.

Im April 2003 beschloss das Sicherheitskabinett unter Leitung von Bundeskanzler Gerhard Schröder den »Gesamtumzug« des BND nach Berlin. 2008 begann der gigantische Neubau in der Chausseestraße. Kostenschätzungen gehen von einem Aufwand von 1,04 Milliarden Euro aus - rund 45 Prozent mehr als ursprünglich geplant. Zusätzlich gibt es die Vereinbarung, dass die technische Aufklärung mit rund 1000 Mitarbeitern im Areal der Siedlung in Pullach verbleiben soll. Das Buch schließt mit der Prognose: »So gilt es, diesen historischen Ort in Pullach zu erhalten - etwa in Form eines Dokumentationszentrums, in dem nicht nur die NS-Zeit und der Kalte Krieg, sondern auch die Geschichte der westdeutschen geheimen Nachrichtendienste behandelt werden.«

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